In einem jüngst veröffentlichten Urteil des OLG Hamm vom 04.11.2015 hat dieses entschieden, dass ein Widerrufsrecht nicht verwirkt ist, wenn dieses erst Jahre nach Ablösung des Darlehens und Zahlung der entsprechenden Vorfälligkeitsentschädigung ausgeübt wird. In dem streitigen Fall war es so, dass im Jahre 2012 eine vorzeitige Ablösung dreier Darlehen erfolgte und daraufhin eine Vorfälligkeitsentschädigung von 48.804,63 € gezahlt wurde. Erst zwei Jahre später wurde dann der Widerruf der Darlehensverträge erklärt. Außerdem gab es noch Aufhebungsvereinbarungen.

All dies hindert den Kunden nicht an seiner Ausübung des Widerrufsrechts, so das Oberlandesgericht Hamm. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Kreditinstituts läge schon deshalb nicht vor, weil dieses die Situation des späten Widerrufs selbst herbeigeführt hat, indem sie den Kunden keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hätte. Insbesondere hätte eine wirksame Nachbelehrung stattfinden können. Es läge eine gesetzgeberische Entscheidung vor, dass das Widerrufsrecht nicht nach einem bestimmten Zeitraum erlösche. Dies könne nicht durch Treu und Glauben außer Kraft gesetzt werden.

Ferner machte das Gericht Angaben dazu, in welchen Fällen eine Widerrufsbelehrung falsch ist. Im vorliegenden Fall konnte sich die Beklagte nicht auf die Verwendung der Musterwiderrufsbelehrung berufen, welche hier eventuell geholfen hätte. Denn es lag eine abgewandelte Verwendung vor. So ist die Belehrung über finanzierte Grundstücksgeschäfte abweichend von der Musterbelehrung umgesetzt worden. Ferner finde sich in der Überschrift ein Hinweis auf eine Fußnote, in der die Aufforderung enthalten ist „bitte Frist im Einzelfall prüfen“. Außerdem gibt es noch einen Klammerzusatz betreffend mögliche Angaben zum Widerrufsadressaten in den streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen in Fußnote 1, die in der verwendeten Form zumindest gestalterisch in der Musterbelehrung nicht vorgesehen seien.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass das Oberlandesgericht Hamm eher verbraucherfreundliche Urteile fällt.

Der Einwand der Verwirkung wird von Kreditinstituten häufig vorgetragen. Es lässt sich jedoch festhalten, dass in letzter Zeit keine obergerichtliche Entscheidung ergangen ist, die eine Verwirkung angenommen hätte. Der Bundesgerichtshof konnte zu dieser Frage bislang noch keine Entscheidung fällen, da entsprechende Gerichtsverfahren immer kurz vor der mündlichen Verhandlung erledigt waren.

OLG Hamm, Urteil vom 04.11.2015, Az.: 31 U 64/15

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