Rechtsnormen: § 10 S. 1 Nr. 2 TMG; §§ 823, 1004 analog BGB; § 186 StGB; Art. 2, 5 GG

Das Oberlandesgericht Hamburg hat mit Urteil vom 02.03.2010 (Az. 7 U 70/09; nicht rechtskräftig; Revision beim BGH unter Az. VI ZR 93/10 anhängig) entschieden, dass Hostprovider nur dann für fremde Inhalte haften, wenn der hiervon Betroffene den Verletzungsvorwurf so substantiiert darlegt, dass der Hostprovider den Wahrheitsgehalt der beanstandeten Äußerung überprüfen und daraufhin den Text gegebenenfalls löschen kann. Grundsätzlich besteht kein Unterlassungsanspruch wegen Persönlichkeitsverletzungen, die lediglich in Suchmaschinen- „Snippets“ wiedergegeben werden.

Zum Sachverhalt:

Die Kläger nehmen die Beklagten wegen der Verbreitung von verschiedenen Äußerungen in Anspruch, die sich im Blog und in sogenannten „Snippets“ auf der Suchergebnisseite der von der Beklagten betriebenen Internet-Suchmaschine erscheinen. „Snippets“ sind die Textfragmente, die eine Suchmaschine in ihrer Trefferanzeige wiedergibt. Das mit der Klage angegriffene „Snippet“ war das Ergebnis einer sinnentstellenden Verkürzung des ursprünglichen Textes. Die Kläger machten hinsichtlich der Verletzungsvorwürfe lediglich zu einer der angegriffenen Äußerungen konkrete Angaben. So gab das LG Hamburg als Vorinstant der Klage lediglich hinsichtlich der begründet angegriffenen Äußerung statt. Im Übrigen wies es die Klage.

Vorliegend bestätigt das Oberlandesgericht Hamburg die Entscheidung des Landgerichts.

Bereits in ihrem Informationsschreiben hätten die Kläger den Verletzungsvorwurf so substantiiert darlegen müssen, dass der Hostprovider ihn auf seine Berechtigung hätte überprüfen können.  Der Provider kenne den Sachverhalt als lediglich technischer Verbreiter einer fremden Mitteilung der Natur der Sache nach nicht. Daher sei ihm wegen seiner ausgebliebenen Reaktion kein Vorwurf zu machen. Ebenso bezüglich der sinnentstellenden Äußerung im „Snippet“ blieb die Berufung erfolglos, ein Internetnutzer wissen müsse, dass „Snippets“ den Inhalt einer Webseite nur unvollständig wiedergeben. Daher könne sich der Nutzer nur im Kontext mit dem vollständigen Beitrag seine Meinung bilden.

Kommentar:

Das Hamburger Oberlandesgericht bestätigt mit diesem Urteil die allgemeine Rechtsprechungspraxis hinsichtlich der Störerhaftung eines Hostproviders seit den BGH-Entscheidungen zu eBay- Internetversteigerungen (BGH, Urt. v. 19.04.2007, Az. I ZR 35/04 – „Internetversteigerung II“, NJW 2007, 2636 ff.). Nach diesem Grundsatzurteil tritt die Störerhaftung eines Hostproviders gemäß § 10 S. 1 Nr. 2 TMG erst ein, wenn dieser trotz eines Informationsschreibens des Betroffenen nicht aktiv wird. Es sei aber darauf zu achten, dass bereits im Informationsschreiben der Vorwurf nachvollziehbar benannt wird, um die Tätigkeitspflicht des Hostbetreibers auszulösen.

Mangels höchstrichterlicher Klärung, wie konkret der Host-Provider informiert werden muss, ließ das OLG Hamburg die Revision vor dem BGH zu (diese ist nun unter Az. VI ZR 93/10 dort anhängig). Dabei ist insbesondere die Entscheidung, ob bei ehrverletzenden Tatsachenbehauptungen den Host-Provider die volle Darlegungs- und Beweislast des § 186 StGB (Üble Nachrede) trifft und er also die Wahrheit der behaupteten Tatsachen beweisen muss, von Interesse. Angesichts der lediglich technischen Verbreitertätigkeit, die ein Host-Provider leistet, wäre diese Annahme allerdings wohl nicht sachgerecht und somit überraschend.