Rechtsnorm: § 24 Abs. 1 UrhG

Mit Urteil vom 17.08.2011 (Az. 5 U 48/05) hat das OLG Hamburg entschieden, dass der von Moses Pelham und Martin Haas komponierte und von Sabrina Setlur gesungene Titel „Nur mir“ unter Verstoß gegen das Urheberrecht zustande gekommen ist, weil er unerlaubt Samples der Musikgruppe „Kraftwerk“ enthält.

Zum Sachverhalt:

Bereits im Jahr 1977 veröffentlichte die Band „Kraftwerk“ im Rahmen ihres Albums „Kraftwerk – Trans Europa Express“ den Titel „Metall auf Metall“. 20 Jahre später, 1997, veröffentlichten die Komponisten Moses Pelham und Martin Haas zwei Tonträger mit dem von Sabrina Setlur interpretierten Hip-Hop-Stück „Nur mir“. Die klagenden Mitglieder der Band „Kraftwerk“ geben an,  die beklagten Pelham und Haas hätten urheberrechtswidrig eine etwa zwei Sekunden lange Rhythmussequenz aus dem Titel „Metall auf Metall“ gesampelt (elektronisch kopiert) und dem neuen Titel „Nur mir“ in fortlaufender Wiederholung unterlegt.

Erstinstanzlich untersagte das zuständige LG Hamburg den Beklagten, die streitgegenständlichen Aufnahmen weiter in den Verkehr zu bringen und bestätigte einen geltend gemachten Schadensersatzanspruch. Zwei Jahre später lehnte das OLG Hamburg das von den Beklagten eingelegte Rechtsmittel der Berufung ab. Gegen diese Abweisung legten die Beklagten das Rechtsmittel der Revision zum BGH ein. Dieser hob daraufhin 2008 das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zurück an das Berufungsgericht. Nach Ansicht der Bundesrichter habe das OLG Hamburg zwar richtigerweise entschieden, dass die Beklagten mit dem Sampling in das Tonträgerherstellungsrecht der Kläger eingegriffen hätten. Ein Eingriff in das Recht des Tonträgerherstellers sei bereits dann gegeben, wenn einem Tonträger kleinste Tonpartikel entnommen würden. Allerdings habe das OLG noch zu prüfen, ob die Beklagten sich auf das im Urhebergesetz geregelte Recht zur freien Benutzung berufen könnten. Danach dürfe ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden sei, ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes verwendet werden. Aus dem Sinn des Rechts zur freien Benutzung, nämlich die Fortentwicklung des Kulturschaffens zu ermöglichen, ergebe sich allerdings auch dessen Grenze: Eine freie Benutzung komme dann nicht in Betracht, wenn derjenige, der eine fremde Ton- oder Klangfolge für eigene Zwecke übernehme, hierauf nicht angewiesen sei, weil er selbst in der Lage wäre, die entnommene Sequenz herzustellen.

Infolge der Zurückverweisung an das Berufungsgericht rollte das OLG Hamburg das Verfahren neu auf. Im Ergebnis bleibt es aber bei seiner ersten Entscheidung und weist die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des LG Hamburg erneut zurück. Demnach dürfen die Aufnahmen der Komponisten Pelham/Haas weiterhin nicht vertrieben werden.

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts können sich die Beklagten nicht auf das vom BGH in Erwägung gezogene Recht zur freien Benutzung berufen. Ihnen sei es durchaus zuzumuten, die gesampelte Sequenz selbst zu produzieren.

Das Gericht führt in seiner Presseerklärung vom 19.08.2011 zu seinen Entscheidungsgründen aus:

„Bei der Prüfung, ob es den Beklagten möglich gewesen wäre, die entnommene Tonfolge selbst einzuspielen, hat das Oberlandesgericht darauf abgestellt, ob ein mit durchschnittlichen Fähigkeiten und technischen Möglichkeiten ausgestatteter Musikproduzent im Zeitpunkt der Entnahme der fremden Tonaufnahme in der Lage gewesen wäre, eine gleichwertige Sequenz zu produzieren. Dabei sei für die Beurteilung der Gleichwertigkeit der Eindruck des konkret angesprochenen Abnehmer- bzw. Hörerkreises ausschlaggebend. Dass die Beklagten nach diesem Maßstab in der Lage gewesen wären, die Sequenz aus dem Titel „Metall auf Metall“ selbst einzuspielen, hat das Oberlandesgericht insbesondere aufgrund der Angaben zweier sachverständiger Zeugen entschieden. Diesen wäre es unter Verwendung bereits 1997 erhältlicher Synthesizer und freier Samples bzw. selbst aufgenommener Hammerschläge auf Metallschubkarren und Zinkregale gelungen, den kopierten Rhythmusfolgen gleichwertige Sequenzen herzustellen.“

Kommentar:

Wieder steht den Beklagten der Rechtsweg zum BGH offen. Nach Ansicht des OLG Hamburg bedarf es weiterhin einer höchstrichterlichen Klärung, welche Maßstäbe für die Möglichkeit der Eigenherstellung von Tonaufnahmen gelten, bevor auf fremde Tonaufnahmen ohne Einwilligung des Rechteinhabers zurückgegriffen werden kann. Das heisst, dass dieser Rechtsstreit wohl in die Verlängerung der Verlängerung gehen und der BGH zur Entscheidung herangezogen werden wird.