Die Beklagte warb mit der Werbeaussage „Gesund Abnehmen, ohne zu hungern!“ Der Kläger, ein Wettbewerbsverein, hat diese Werbung mit der Begründung angegriffen, dass eine Gewichtsabnahme regelmäßig nur durch eine drastische Reduktion der Nahrungszufuhr zu erreichen sei und dann Hungergefühle unvermeidlich wären. Dies gelte selbst dann, wenn das Gewichtsreduktionsprogramm sowohl eine energiereduzierte Mischkost, als auch gleichzeitig eine körperliche Betätigung gewisser Intensität vorsehe, wie es beim Ernährungskonzept der Beklagten der Fall sei. Das Landgericht gab der Klage statt, nachdem ein Sachverständigengutachten eingeholt worden war. Auf den ersten Blick erstaunlich hat der Sachverständige dann sogar bestätigt, dass mit der vorgesehenen Unterstützung durch ein Sportprogramm mit dem Ernährungskonzept der Beklagten eine Gewichtsreduzierung von 3 bis 10 kg durchaus gelingen könne, auch ohne dass es zu einer signifikanten Zunahme des Hungergefühls komme. Allerdings müsse die Beklagte Nachweise dazu erbringen, ob das eigene Ernährungskonzept tatsächlich so ablaufe. Das Landgericht verurteilte also das Unternehmen, die Aussage, man könne ohne zu hungern, abnehmen, zu unterlassen.

 

Das OLG Hamburg hat diese Entscheidung letztlich bestätigt. Aus den Ausführungen des OLG ergeben sich allerdings zahlreiche Hinweise darauf, wie Unternehmen in Zukunft rechtlich abgesichert in Bezug auf ihre Diät-Programme werben können.

Das Gericht stellte dabei zunächst einmal fest, dass ältere Gutachten (hier 1991 und 1999) zu den entscheidungserheblichen Fragen nicht mehr auf der Höhe der ernährungswissenschaftlichen Zeit wären. Das Gericht erkennt also an, dass im Bereich der Ernährungslehre Umwälzungen stattgefunden haben und auch noch immer neue Erkenntnisse gewonnen werden. Und dass der Sachverständige durchaus davon ausgehe, ein Abnehmen ohne zu hungern sei möglich. Voraussetzung dafür sei, dass es sich bei dem Programm nicht um eine deutlich energiereduzierte, sondern nur um eine mäßig energiereduzierte Diätform (Energiezufuhr von 1200 – 1800 kcal/Tag) handele. Nicht erwiesen sei nach seiner Auffassung, dass eine Kost mit niedrigen glykämischen Index (GI) Vorteile hinsichtlich Sättigung und Gewichtsabnahme aufweise. Es komme maßgeblich darauf an, eine Kost mit niedriger Energiedichte zu verwenden. Bei gleichzeitiger Steigerung der körperlichen Aktivität im Rahmen eines Sportprogramms sei ein Abnehmen ohne zu hungern grundsätzlich möglich.

In der I. Instanz ist allerdings nicht näher erörtert worden, wie hoch der Energiegehalt und die Nährstoffzusammensetzung der Reduktionskost ist. Daher hat das OLG Hamburg ein entsprechendes Ergänzungsgutachten eingeholt. Dabei wurde dann der Energiegehalt der Diät genauer untersucht. Anhand dieser Zahlen kam der Sachverständige dann zu dem Ergebnis, dass das Programm nicht geeignet sei, ein Abnehmen ohne zu hungern zu ermöglichen. In der ersten Phase des Programms (Reduktionsphase/2 Tage) sei lediglich eine Aufnahme von 600 kcal/Tag vorgesehen. In der zweiten Phase (Stabilisierungsphase/ bis zu 18 Wochen) sollten lediglich 1.000 – 1.200 kcal/Tag bzw. 1.200 – 1.300 kcal/Tag aufgenommen werden. Aufgrund der damit verbundenen ausgeprägten Energiebegrenzung sei davon auszugehen, dass in diesen Phasen verstärkte Hungergefühle auftreten würden. Schließlich stellte der Sachverständige auch noch fest, dass die von der Beklagten vorgeschlagenen Rezepte ihrem eigenen Diätkonzept widersprächen.

Die Beklagte hat sich dann noch damit zu verteidigen versucht, dass der Slogan „Abnehmen ohne zu hungern“ von vielen Anbietern verwendet werde und in der Öffentlichkeit bereits sehr geläufig sei. Dazu sagt das OLG Hamburg lapidar aus, dass eine falsche Angabe nicht dadurch richtig wird, dass sie häufig verwendet wird.

Praktische Konsequenz:

1.)

Die Werbeaussage „Abnehmen ohne zu hungern“ kann je nach Einzelfall zulässig sein. Voraussetzung dafür ist zumindest nach Auffassung einer Stimme in der Ernährungswissenschaft, dass die Energiedichte, also die Kalorienzahl, nicht zu drastisch reduziert wird, damit das Sättigungsgefühl nicht zu sehr beeinträchtigt wird.

2.)

Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Ernährungslehre wird die Fettverbrennung gestoppt, sobald Kohlenhydrate aufgenommen werden. Da hier nur die Nahrungsbestandteile anders gewichtet werden, ist noch eher davon auszugehen, dass ein Abnehmen ohne zu hungern möglich ist. Möglicherweise könnte man sogar behaupten, dass noch nicht einmal eine Reduzierung der Gesamtkalorienzufuhr notwendig ist. Dies ist allerdings in der Ernährungswissenschaft offenbar noch umstritten. Es kommt dann leider jeweils darauf an, welcher Sachverständige vom Gericht bestellt wird.

3.)

Die interessante Frage der Beweislast.

Muss das Diätprogrammunternehmen beweisen, dass ein Programm wirksam ist oder muss es derjenige, der den Unterlassungsanspruch geltend macht? Nach der Entscheidung des OLG Hamburg ist derjenige darlegungs- und beweisbelastet, der eine Werbeaussage in Bezug auf die Wirksamkeit einer Diät untersagen lassen möchte. Wenn allerdings die Tatsachen, die der entsprechende Sachverständige überprüft, zu dem Ergebnis kommen, dass die Diät nicht ohne hungern ablaufen kann, ist der entsprechende Beweis erbracht worden. Auch treffen den Anbieter eines Diätprogramms entsprechende sogenannte sekundäre Darlegungspflichten. Er muss also im Prozess offen legen, wie seine Diät im einzelnen abläuft, wie viel Kalorien aufgenommen werden, wie sich die Kalorienzufuhr insgesamt aufteilt in Fette, Eiweiße und Kohlenhydrate.

Fazit:

Es ist durchaus möglich, mit der Aussage zu werben „Abnehmen ohne zu hungern“. Allerdings müssen auch die Eckdaten der Diät entsprechend passen und belegbar sein. Wenn Material wie z.B. Kochrezepte herausgegeben werden, müssen diese im Einklang mit dem propagierten Ernährungskonzept stehen; eigentlich eine Selbstverständlichkeit.