Mit Urteil vom 04.11.2011 (Az. 5 U 45/07) hat das OLG Hamburg entschieden, dass ein Internetauktionshaus, das Angebote seiner Kunden durch gezielte Werbemaßnahmen wie bspw. die Nutzung von Google AdWords fördert, höheren Prüfpflichten für Rechtsverletzungen unterliegt als eine Handelsplattform, die die Angebote seiner Nutzer nicht durch eigene Werbung unterstützt.

Zum Sachverhalt:

Klägerin ist ein norwegisches Möbelunternehmen, dessen erfolgreichstes Produkt, der Anfang der 1970er Jahre vom Designer Peter Opsvik entworfene Kinderhochstuhl „Tripp Trap“, von Konkurrenten unter Verletzung des Urheberrechts nachgebaut wurde. Auch auf den eBay-Seiten wurden solche Plagiate angeboten und beworben. Zwecks Werbung wurden von eBay (Beklagte) bspw. „AdWords“-Anzeigen bei Google geschaltet. Dem Google-Nutzer wurden hier die eBay-Angebote angezeigt, wenn er als Suchbegriff „Tripp Trap“ eingab. Diese Werbemaßnahmen erfolgten auch noch nachdem eBay auf Veranlassung der Klägerin mehrere Angebote gelöscht hatte.

 

Das OLG Hamburg folgte nun den Anträgen der Klägerin und untersagt es der Beklagten (eBay), es ihren Kunden zu ermöglichen, auf „www.ebay.de“ Inserate einzustellen, in denen bestimmte urheberrechtswidrige Nachbauten eines von der Klägerin vertriebenen Kinderhochstuhls angeboten werden. Zudem verhängte das Gericht ein Werbeverbot für derartige Angebote.

 

Nach Ansicht der Hamburger Richter habe eBay durch die angegriffenen Werbemaßnahmen die Rolle eines neutralen Vermittlers verlassen und eine aktive Rolle übernommen , aufgrund derer ihr erheblich erhöhte Anstrengungen zur Verhinderung von Rechtsverletzungen zuzumuten sind.“

Obwohl ein Betreiber einer Internethandelsplattform „grundsätzlich nicht gehalten sei, ohne konkreten Anlass jedes Angebot vor seiner Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung zu untersuchen“, habe sich eBay vorliegend aber gerade nicht auf das Bereitstellen technischer Strukturen beschränkt , sondern förderte durch das Schalten von Werbeanzeigen via Google ein mögliches Kaufinteresse. Aus diesem Handeln sei zu folgen, dass auch die Anforderungen an die Prüfpflichten für eBay erheblich höher als bei einem sonstigen Betreiber einer Internethandelsplattform sein:

„Konkret bedeute dies, dass die Beklagte sämtliche durch Wortfilter in ihrem Internetauftritt auffindbaren Angebote von Kinderhochstühlen einer visuellen Kontrolle darauf unterziehen müsse, ob sich auch die fraglichen Plagiate darunter befänden.“

 

Der Gegenargumentation der Beklagten, ihr Geschäftsmodell sei gerade auf das vollautomatisierte Betreiben der Handelsdienste ausgerichtet, folgte das Gericht nicht. Hierzu führt das OLG Hamburg aus:

„Wenn das Geschäftsmodell der Beklagten allein darauf basierte, unabhängig von den damit einhergehenden Gefahren für fremde Rechtsgüter mit möglichst wenig Personalaufwand den höchstmöglichen Gewinn zu erzielen, sei fraglich, ob es sich überhaupt um ein von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell handele.“

 

Kommentar:

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das OLG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat die Revision zum BGH zugelassen. So sei die Frage, welche Auswirkungen werbende Maßnahmen des Diensteanbieters zu rechtsverletzenden Angeboten seiner Nutzer im Rahmen der hier einschlägigen sogenannten Störerhaftung haben, bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt worden. Es ist sehr stark davon auszugehen, dass eBay nun in die Revision zum BGH gehen wird.

In einem ähnlich Fall hat kürzlich erst der EuGH mit Urteil vom 12.07.2011 von den Mitgliedsstaaten ein besseres Regelwerk zum Schutz des geistigen Eigentums gefordert, dessen Maßnahmen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen und es dabei aber den Wettbewerb nicht behindern darf. Auch in diesem Fall ging es um die Nutzung von Google AdWords durch eBay. Hier ist mein Blog-Beitrag zur dieser Entscheidung abrufbar.