Rechtsnormen: § 13 UrhG, § 138 Abs. 1 BGB
Mit Urteil vom 01.09.2009 (Az. 11 U 51/08) hat das OLG Frankfurt a.M. entschieden:
Jedenfalls außerhalb des Hochschulbereichs können die Umstände des Einzelfalls auch bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen dazu führen, dass eine sogenannte „Ghostwriter- Vereinbarung“, mit der sich der Urheber zum Verschweigen der eigenen Urheberschaft verpflichtet und dem Namensgeber gestattet, das Werk als eigenes zu veröffentlichen, nicht sittenwidrig ist.
(Leitsatz des Gerichts)
Zum Sachverhalt:
Der Kläger war Partner des Beklagten in einem Unternehmen, das eine wissenschaftliche Studie durchführte. Kläger und Beklagter schlossen einen Ghostwriter-Vertrag, der dem Kläger aufgab, für den Beklagten einen Artikel über die Studie zu verfassen. Als Autor sollte lediglich der Beklagte erwähnt werden. Erst einige Jahre später erhielt der Kläger Kenntnis davon, dass der Artikel nicht nur auf der Internetpräsenz des Verlages abrufbar war, sondern auch im Schriftenverzeichnis des Beklagten aufgeführt wurde. Dies widersprach nach Ansicht des Klägers der Vereinbarung einer lediglich einmaligen Nutzung.
Nachdem zuvor das LG Frankfurt die Klage mit Urteil vom 12.06.2008 (Az. 2-3 O 433/07) abgewiesen hatte, bestätigte das OLG Frankfurt die Entscheidung der Vorinstanz. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts habe das Landgericht die Klage infolge Unbegründetheit zu Recht abgewiesen. Der Kläger habe demnach keine urheberrechtlichen Ansprüche aus § 97 UrhG gegen den Beklagten.
Zur Begründung führen die Richter aus:
Die Einwilligung des Klägers ist nicht nach § 138 Abs. 1 BGB wegen der Ausnutzung einer Zwangslage nichtig. (…) Im Streitfall ist ein sittenwidriges Ausnutzen einer Zwangslage des Klägers jedenfalls auszuschließen. Insofern hat das Landgericht zu Recht entschieden, dass aufgrund der herausgehobenen Stellung des Klägers in dem Unternehmen eine sittenwidrige Zwangslage für den Kläger fernliegt und darüber hinaus auch nicht substanziiert dargelegt wurde. (…) Die Einwilligung ist auch nicht deshalb sittenwidrig, weil der Kläger dem Beklagten damit gestattet hat, sich wahrheitswidrig als Autor zu bezeichnen. Bei einer Ghostwriter-Vereinbarung verpflichtet sich der Urheber einerseits zum Verschweigen der eigenen Urheberschaft, andererseits soll der Namensgeber die Möglichkeit erhalten, das Werk als eigenes in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Derartige Vereinbarungen werden soweit ersichtlich allgemein für zulässig gehalten, soweit es um politische Reden und Texte aktuellen politischen Inhalts geht. Über diesen Bereich hinausgehend wird einerseits vertreten, eine solche Abrede sei grundsätzlich zulässig, weil der Ghostwriter nicht endgültig auf seine Urheberschaft verzichte, sondern die Abrede nach 5 Jahren kündigen könne. Andererseits wird für Ghostwriterabreden bei Wissenschaftlern mit Blick auf die beruflich eminent wichtige Ehre als Wissenschaftler teilweise angenommen, eine solche Vereinbarung könne im Einzelfall sittenwidrig sein. Als problematisch angesehen wird eine Ghostwriter-Vereinbarung insbesondere im Verhältnis eines Hochschulprofessors zu seinen wissenschaftlichen Mitarbeitern. Jedenfalls in der hier vorliegenden Fallgestaltung ist die zwischen den Parteien getroffene Veröffentlichungsabrede nach Auffassung des Senats nicht sittenwidrig. Der Beklagte war zwar Lehrbeauftragter und später Honorarprofessor. Das Verhältnis der in einem Wirtschaftsbetrieb tätigen Parteien entsprach jedoch nicht dem eines Hochschulprofessors zu seinen wissenschaftlichen Mitarbeitern im universitären Forschungsbetrieb. Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass es sich um die Veröffentlichung von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen handelte, die ein besonderes wissenschaftliches Renommee hätten begründen können. Zu berücksichtigen ist zudem, dass es sich um eine Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift mit einer geringen Auflage handelte, die hauptsächlich von Bibliotheken bezogen wird. Schließlich kann nicht außer Betracht bleiben, dass der Aufsatz unter Zugrundelegung der Marktstudie gefertigt wurde, die unter Leitung des Klägers von Researchteam der A erstellt worden war. Mit Blick darauf, dass der Beklagte als Mitglied des Vorstands für die Leitung desjenigen Geschäftsbereichs zuständig war, dem das Researchteam der A organisatorisch angehörte, erscheint es nicht als sittenwidrig, dass der Kläger seine Zustimmung dazu erteilte, den Aufsatz unter dem Namen des für das Researchteam zuständigen Vorstandsmitglieds erscheinen zu lassen.