Rechtsnormen: §§ 12, 823 Abs. 1, 1004 BGB

Das OLG Frankfurt a.M. hat mit aktuellem Urteil vom 17.06.2010 (Az. 16 U 239/09) entschieden, dass die DENIC bei Vorliegen einer eindeutigen, sich aufdrängenden Namensrechtsverletzung unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung zur Löschung der Domainregistrierung verpflichtet ist. Nach Ansicht  des Senats ist das Vorliegen eines rechtskräftigen Titels gegen den Admin-C des Domainnamens zur Begründung der Störerhaftung nicht ausreichend: Voraussetzung ist vielmehr ein rechtskräftiger Titel gegen den Domaininhaber selbst.

Zum Sachverhalt:

Es klagte der Freistaat Bayern gegen die DENIC Domain Verwaltungs- und Vertriebsgesellschaft eG, um die Löschung der Domains „regierung-oberbayern.de“ und „regierung-unterfranken.de“ zu erreichen. Zuvor waren die Domains von einem in Panama ansässigen Privatunternehmen registriert worden. Obwohl der Freistaat einen gerichtlichen Titel gegen den in Hamburg lebenden Admin-C erwirkt hatte, konnte das Land nicht alle fraglichen Domains löschen, da bei einigen Domains ein Wechsel in der Person des Admin-C erfolgte.  Die Parteien stritten nun darüber, ob die DENIC nach den Grundsätzen der Störerhaftung zur Löschung der Domains verpflichtet ist.

Die Frankfurter Richter bestätigen nun das Urteil der Vorinstanz (LG Frankfurt, Urt. V. 16.11.2009, Az. 2-21 O 139/09).

Demnach habe das Landgericht „im Ergebnis zutreffend einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Löschung bzw. Aufhebung des streitgegenständlichen Domains bejaht. Dieser Anspruch folgt aus § 12 BGB iVm den Grundsätzen der Störerhaftung, gestützt auf den Umstand, dass die Beklagte mit der Registrierung der Domains eine Ursache für eine zum Nachteil des Klägers eingetretene Rechtsverletzung gesetzt hat.“

Das OLG geht ausführlich auf die BGH-Entscheidung „ambiente“ (BGH Urt. V. 17.05.2001, BGHZ 148, 13) ein, in der grundlegende Aussagen hinsichtlich der Voraussetzungen für eine Störerhaftung für die Verletzung der Rechte Dritter  getroffen werden: „Nach diesen Grundsätzen kommt es zunächst nicht darauf an, ob der Beklagten „Merkwürdigkeiten“ und „nicht nachvollziehbare Verhaltensweisen“ vorgehalten werden können; auch ist es nicht gerechtfertigt, in einer „Gesamtschau“ die von dem Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze aufzuweichen. Dessen ungeachtet ist vorliegend auch auf der Basis dieser Grundsätze mit dem Landgericht eine Störerhaftung der Beklagten zu bejahen. Zwar ist es nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, dass ein rechtskräftiges Versäumnisurteil bislang allein gegen den damaligen Admin‑C ergangen ist (1.); die Störerhaftung ergibt sich aber aus dem Umstand einer offenkundigen Namensrechtsverletzung (2.).“

Das Gericht weist darauf hin, dass es dem Kläger nicht verwehrt oder gar unmöglich gewesen wäre, von Anfang an die Domaininhaber selbst gerichtlich in Anspruch zu nehmen, obwohl sie in Panama sitzen. Nach Ziff. VIII der Domainrichtlinien ist, wenn der Domaininhaber seinen Sitz nicht in Deutschland hat, der Admin‑C zugleich Zustellungsbevollmächtigter i.S. von § 184 ZPO. Also können Klagen gegen Domaininhaber mit Sitz im Ausland in Deutschland dem betreffenden Admin‑C zugestellt werden. Dass eine Zustellung zunächst auch möglich war, zeigt der Umstand, dass der Kläger ein rechtskräftiges Versäumnisurteil gegen den Admin‑C erwirkt hat und auch die Klagen gegen die Domaininhaber zunächst ordnungsgemäß an den Admin‑C zugestellt werden konnten. Damit begründet das OLG Frankfurt seine Meinung, dass eine Voraussetzung einer Störerhaftung ein rechtskräftiger Titel gegen den Domaininhaber selbst ist.

Die weitere Voraussetzung einer offenkundigen Namensrechtsverletzung ist für das Gericht unstreitig:  „Bei den vorliegenden Namen wird jedoch bereits durch die Bezeichnung „Regierung“ in Verbindung mit dem Zusatz allgemein bekannter geographischer Regionen deutlich, dass der Name allein einer staatlichen Stelle zugeordnet sein kann, sie weist damit auch einen Sachbearbeiter der Beklagten, der über keine namensrechtlichen Kenntnisse verfügt, eindeutig auf einen bestimmten Namensträger hin, der allein als Rechtsinhaber in Betracht kommen kann, während gleichnamige Dritte, die ebenfalls zur Registrierung des Domainnamens berechtigt sind, nicht existieren können.“

Das Gericht sieht daher die beklagte DENIC unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung verpflichtet, die Domains antragsgemäß aufzuheben.

Kommentar:

Ausdrücklich lassen die Frankfurter Richter eine Revision vor dem BGH wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Entscheidung und der Notwendigkeit einer Rechtsfortbildung zu. Es bleibt daher abzuwarten, ob dieses Urteil bei Einlegung einer Revision (wovon auszugehen ist) durch den BGH bestätigt oder verworfen wird. Insbesondere ist von Interesse, ob die durch die ambiente.de-Entscheidung begründete Auffassung, die DENIC habe keine näheren Prüfpflichten, beibehalten wird.

Dank für den Hinweis auf das Urteil geht an Prof. Hoeren von der Uni Münster.