Rechtsnormen: § 16, § 19a, § 97 Abs. 1 UrhG; § 3 Nr. 11, § 8 Abs. 1 UWG

Mit Urteil  vom 21.12.2010 (Az. I-20 U 59/10) konkretisierte das OLG Düsseldorf die Prüfungspflichten von sogenannten Sharehostern, also Internetdienstleistern, die sich auf den einfachen Austausch von Dateien über ihre Online-Plattform spezialisiert haben.

Zum Sachverhalt:

Es klagte die Vertreiberin eines geschützten Computerspiels („Alone in the dark“) gegen den Sharehoste Rapidshare. Die Klägerin (Atari)  forderte vom Sharehoster verschiedene Maßnahmen gegen die Verbreitung des Spiels. Die Klägerin sieht in diesem Dienst eine Urheberrechtsverletzung. Zunächst gab das Landgericht der Unterlassungsklage mit der Begründung statt, dass die Beklagte sich nicht auf das Haftungsprivileg aus § 10 Satz 1 TMG berufen könne. Vielmehr könne sie auch unter Berücksichtigung der nur eingeschränkten Haftung eines Störers in Anspruch genommen werden, da sie ihre Prüfungspflichten verletzt habe. Hiergegen legte Rapidshare das Rechtsmittel der Berufung beim OLG Düsseldorf ein.

Nun entschied das OLG, dem Sharehoster könne nicht auferlegt werden, per Wortfilter alle Dateien aufzuspüren und zu löschen, in deren Dateinamen bestimmte Schlüsselbegriffe vorkommen. Hierdurch könne auch die Gefahr des Löschens legaler Dateien, deren Namen denen der illegalen ähneln, entstehen. Nach Ansicht des Gerichts sei auch eine manuelle Überprüfung von Inhalten, bei denen der Verdacht auf Rechtsverletzungen bestehe, wegen des immensen Kosten- und Personalaufwands für den Sharehoster unzumutbar.

Das Gericht führt in seiner Begründung aus:

Zwar liegt eine Rechtsverletzung im Sinne des § 97 UrhG vor, denn unstreitig werden über den Internetdienst der Beklagten illegale Kopien des streitgegenständlichen Computerspiels zum Download angeboten. Hieran war die Beklagte durch das Bereitstellen der technischen Voraussetzungen zum Kopieren auch beteiligt. Eine Verantwortlichkeit der Beklagten kommt nicht als Täterin oder Teilnehmerin, sondern allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung zum Tragen. (…) Anders als in dem Verfahren I-20 U 8/10 (OLG Düsseldorf) kann der Klageantrag in Bezug auf die Vervielfältigung des Computerspiels auf dem Server pidshare nicht bereits deshalb abgelehnt werden, weil insofern die Privatkopierfreiheit nach § 53 Abs. 1 UrhG tangiert ist. Denn für den Bereich der Computerspiele gilt der Grundsatz der Privatkopierfreiheit nicht.

Die begehrte Unterlassung geht viel zu weit, da sie allein schon die Speicherung von Dateien mit dem Dateinamen „A.i.t.d.“ verbietet. Die Klägerin möchte eine Unterlassung diesbezüglich, dass „das Computerspiel mit einem Dateinamen, welche den Titel ‚A.i. t.d.‘ enthält, auf den Servern gespeichert ist“. Wie bereits im Urteil I-20 U 8/10 ausgeführt, sieht man einer Datei aber nicht an, ob sie das streitgegenständliche Computerspiel beinhaltet. Es wäre bei den Millionen Dateien, die (zum großen Teil auch legal) im RapidShare-System vorhanden sind, unzumutbar, eine Überprüfung der einzelnen Dateien im Hinblick darauf vorzunehmen, ob sich darunter wirklich das streitgegenständliche Computerspiel befindet. Sollte sich der Antrag darauf beziehen, dass jedwede Datei, die den Titel „A.i.t.d.“ enthält, zu löschen ist, wäre dies zu weitgehend, da es sich hierbei um Begriffe aus der englischen Sprache handelt, die auch für andere Zwecke verwendet werden können, z.B. für selbstgeschriebene Gedichte u.a.. Während es für die Klägerin ohne weiteres möglich ist, sämtliche Dateien mit einem Dateinamen, welcher den Titel „A.i.t.d.“ enthält zu finden, ist es jedoch regelmäßig unmöglich zu bestimmen, ob es sich bei den gefundenen Dateien um das besagte Computerspiel (oder einem Teil davon) handelt. Wird in einer Linksammlung ein Link gefunden, in dessen Beschreibung ausdrücklich beschrieben wird, dass es sich hierbei um das entsprechende Spiel handelt, kann trotzdem nicht davon ausgegangen werden, dass dem wirklich so ist. Es kann sich beispielsweise auch um die Urlaubsfotos eines Dritten handeln, welcher den Downloadlink leichtfertig veröffentlicht hat. Dieser könnte nun absichtlich mit urheberrechtlich geschützten Inhalten in Verbindung gebracht werden, um eine Löschung zu provozieren. Das bedeutet jedoch, dass die Beklagte vor dem Löschen jede Datei zusätzlich entpacken und überprüfen müsste, ob es sich nun wirklich um das Spiel handelt. (…) Soweit die Klägerin einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch geltend macht, hat sie bereits ihre Aktivlegitimation nicht dargetan. Sie hat nicht dargelegt, dass zwischen ihr und der Beklagten ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, sie also nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG klagebefugter Mitbewerber ist, § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Die Klägerin vermarktet Computerspiele, die Beklagte hingegen bietet Speicherplatz zur Nutzung an. Damit sind die angebotenen Leistungen nicht substituierbar. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis fehlt damit. Im Übrigen dürften die vorstehend angestellten Erwägungen aber auch für eine wettbewerbsrechtliche Beurteilung gelten.