Rechtsnormen: § 97 Abs. 1 UrhG; §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 1, Abs. 5 UWG; § 12 S. 2 BGB

Mit Beschluss vom 08.03.2012 (Az. 13 W 17/12) hat das OLG Celle entschieden, dass einer Internetseite mangels Schöpfungshöhe kein Urheberrechtsschutz zusteht, wenn die Gestaltung nicht über das hinausgeht, was bei ordnungsgemäßer Erstellung eines Werbeauftritts im Internet handwerklich üblicherweise zu leisten ist.

Zum Sachverhalt:

Der Beklagte betreibt die Internetseite, deren Domain er sich hatte registrieren lassen. Auf der Internetseite veröffentlicht er ortsbezogene Nachrichten. Ein Ortsteil einer Gemeinde ist gleichlautend mit der Domain des Beklagten. In Teilen seines Browserfensters hatte der Beklagte zuvor Inhalte der von der Klägerin betriebenen Internetseite mit von Dritten gefertigten Fotos und Grafiken sowie Texten und öffentlichen Bekanntmachungen der Klägerin hochgeladen. Dies wird als „Framing“ bezeichnet. Durch das Anklicken eines am Rand des Browserfensters eingefügten Links wurde der Internetnutzer auf die Seite der Klägerin weitergeleitet. Nach Aufforderung durch die Klägerin stellte der Beklagte das „Framing“ zunächst mit Ausnahme von amtlichen Bekanntmachungen, später vollständig ein. Allerdings unterzeichnete er keine Unterlassungserklärung. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch. Zudem beantragt sie die Feststellung, dass der Beklagte der Klägerin allen Schaden zu ersetzen hat, der ihr aus der Verwendung der Bezeichnung (Domainname) und der Verwendung der Internetseite der Klägerin entstanden ist. Der Beklagte beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Diesen wies das LG hinsichtlich der Anträge zur Verwendung der Internetseite und der Schadensersatzpflicht zurück. Hiergegen erhob er sofortige Beschwerde beim OLG Celle.

Das OLG Celle entschied nun zugunsten des Beklagten und bewilligt die Prozesskostenhilfe aufgrund der zu erwartenden Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens.

Das Gericht führt zur Begründung aus:

„Die nach §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen (§§ 127 Abs. 2 Satz 3, 569 Abs. 1 und 2 ZPO) zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Die Darstellung der Internetseite der Klägerin als solche in einem gesonderten Fenster durch Aktivierung des im Browserfenster des Beklagten eingestellten Links „S.“ verletzt nicht widerrechtlich etwaige Nutzungsrechte der Klägerin, so dass ein Anspruch nach § 97 UrhG nicht besteht.

a) Durch die Aktivierung des Links werden die entsprechende Internetseite beziehungsweise Teile davon zwar in den Arbeitsspeicher des Rechners des jeweiligen Nutzers geladen. Dieses temporäre Ablegen einer Internetseite im Arbeitsspeicher stellt nach h. M. eine Vervielfältigung dar (vgl. Grützmacher in Wandtke/ Bullinger, UrhR, 3. Aufl., § 69c, Rn. 5; Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 69c Rn. 9; Metzger, CR 2000, 778).

b) Im vorliegenden Fall bedarf die konkrete Art der Vervielfältigung jedoch nicht der Zustimmung der Klägerin.

aa) Ausgehend von dem Unterlassungsbegehren der Klägerin, das nur auf das äußere Erscheinungsbild der Internetseite abstellt, scheiden urheberrechtliche Schutzvorschriften für Computerprogramme nach §§ 2 Abs. 1 Ziffer 1, 69 a UrhG) von vorneherein aus (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 29. Juni 1999, 20 U 85/98, juris Rn. 23 f.; Leistner, CR 2000, 187).

bb) Die Internetseite als solche unterliegt mangels Schöpfungshöhe ferner nicht dem Urheberschutz nach § 2 Abs. 1 UrhG.

Es ist allgemein anerkannt, dass der Gestaltung von Webseiten unabhängig von der Digitalisierung ihres Inhalts ein Urheberrechtsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG zukommen kann, sofern die Gestaltung die gemäß § 2 Abs. 2 UrhG erforderliche Schöpfungshöhe erreicht (OLG Frankfurt, Urteil vom 22. März 2005 – 11 U 64/2004, juris Rn. 23 OLG Rostock, Urteil vom 27. Juni 2007 – 2 W 12/07, juris Rn. 10, m. w. N.). Daran fehlt es hier. Die Gestaltung der Internetseite geht nicht über das hinaus, was bei ordnungsgemäßer Erstellung eines Werbeauftritts im Internet handwerklich zu leisten ist. Weder die Farbauswahl oder -kombination, noch die Anordnung der Bilder und Grafiken verleihen der Gestaltung eine Originalität, die es als gerechtfertigt erscheinen lassen würde, die Gestaltung zu monopolisieren. Der urheberrechtliche Schutz ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus der Verwendung der Sprache (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG). Es handelt sich um eine sachliche Information zu Belangen der örtlichen Gemeinschaft. Die verwendete Alltagssprache bietet keine Besonderheiten.

2. Ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 i. V. m. §§ 3 Abs. 1 und 5 UWG scheidet ebenfalls aus.

Der Inhaber einer Internetseite wird damit rechnen, dass auf diese Seite verwiesen wird, und es ist davon auszugehen, dass er damit grundsätzlich einverstanden ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 29. Juni 1999, 20 U 85/98, a. a. O., Rn. 55).

Ob dieser Grundsatz keine Geltung beanspruchen kann, wenn – wie hier – durch die Aktivierung des Links kein vollständiger Wechsel zu der fremden Internetseite erfolgt und dadurch der Internet-Auftritt in dem ursprünglichen Browserfenster der verweisenden Seite stattfindet (so LG Hamburg, Urteil vom 12. Juli 2000 – 308 O 205/00, juris Rn. 26), kann offenbleiben. Denn es fehlt mangels Unternehmensbezugs bereits an einer geschäftlichen Handlung im Sinne § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Handelt eine natürliche Person nicht als Unternehmer, also als Inhaber eines Unternehmens oder als Vertreter oder Beauftragter eines Unternehmens und auch sonst nicht zu Gunsten eines fremden Unternehmens, sondern als Verbraucher im Eigeninteresse, so liegt von vornherein keine geschäftliche Handlung vor (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 2 Rn. 18). Eine gewerbliche Tätigkeit setzt jedoch ein selbstständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2008 – I ZR 3/06, juris Rn. 33). So verhält es sich hier nicht. Es ist nicht ersichtlich oder auch nur naheliegend, dass der Beklagte Informationen über die Gemeinde gegen Entgelt oder eine anderweitige Leistung anbietet. Seinem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen zufolge geht es ihm lediglich darum, Interessierte über aktuelle Geschehnisse in der Gemeinde zu informieren und zur Teilhabe am politischen Leben zu animieren. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte Kunden auf seine Internetseite locken möchte, damit sie dort von Werbeinformationen erreicht werden.

3. Der Klägerin ist ein Anspruch dahin, dass der Beklagte es unterlässt, die Internetseite der Klägerin in seinem Browserfenster darzustellen, ferner nicht nach § 12 Satz 2 BGB zuzuerkennen. Eine unberechtigte Namensanmaßung nach § 12 Satz 1 Alt. 2 BGB ist gegeben, wenn ein Dritter, der kein Recht zur Namensführung hat, unbefugt den gleichen Namen wie der Namensträger gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintritt und schutzwürdige Interessen des Berechtigten verletzt werden (BGH, Urteil vom 21. September 2006 – I ZR 201/03, juris Rn. 14). Wird ein fremder Name als Internet-Adresse benutzt, liegen diese Voraussetzungen regelmäßig vor (BGH, a. a. O.). Dies gilt auch bei der Verwendung des Namens einer Gebietskörperschaft; denn dieser steht an ihrer Bezeichnung ein eigenes Namensrecht zu (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2006 – I ZR 249/03, juris Rn. 16). So liegt es sich hier jedoch nicht. Zwar mag die Verwendung der Domain einen unzulässigen Namensgebrauch darstellen, was das Landgericht noch zu prüfen hat. Darum geht es hier indessen nicht. Beschwerdegegenstand ist die Darstellung der Internetseite der Klägerin durch den Beklagten im Wege des framings. Diese Verwendung des Namens der Klägerin birgt indessen nicht die Gefahr der namensmäßigen Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung. Nach dem unbestrittenen Vorbringen des Beklagten wird auf die Quelle der durch Anklicken des Links aufgerufenen Internetseite im unteren Bereich des geöffneten Fensters hingewiesen. Dass der Nutzer durch die Darstellung der Internetseite der Klägerin den Eindruck gewinnen könnte, dass es sich bei der verlinkten Seite um einen Dienst der verweisenden Seite des Beklagten oder es sich bei der Internetseite des Beklagten um eine offizielle Veröffentlichung der Klägerin handelt, ist nicht dargetan. Dem Nutzer muss sich auch bei dem Aufrufen der Seite der Klägerin vielmehr der Eindruck aufdrängen, dass er sich auf einer privaten Seite des Beklagten befindet, wie der Link auf die Person des Beklagten und der erst unterhalb des Links „B.“ angeordnete Link „S.“ nahelegen. Zudem weicht die Farbgestaltung des Rahmens des Browserfensters deutlich von der dargestellten Internetseite der Klägerin ab.

4. Soweit sich die Klägerin auf das ihr übertragene „Verwertungsrecht“ an den auf ihrer Internetseite verwendeten Lichtbildern und Grafiken beruft, steht ihr ein Anspruch auf Unterlassen nach §§ 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG ebenfalls nicht zu. Gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG kann der Verletzte bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung klagen, wenn sein Urheberrecht verletzt wird. An letzterem fehlt es hier jedoch.

a) Die Ansprüche aus § 97 UrhG setzen voraus, dass ein absolutes Urheberrecht oder Leistungsschutzrecht verletzt wird. So verhält es sich zwar bei den Verwertungsrechten nach §§ 16 ff. UrhG (vgl. Wild in Schricker/Loewenheim, a. a. O., § 97 Rn. 6; v. Wolff in Wandtke/Bullinger, a. a. O., § 97 Rn. 6). Die Grafik als Werk der bildenden Kunst ist auch grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG schutzfähig und sind die beiden (einfachen) Lichtbilder jedenfalls nach § 72 Abs. 1 UrhG geschützt. Lediglich die amtlichen Bekanntmachungen unterfallen nicht dem Urheberschutz (§ 5 Abs. 1 UrhG).

b) Hier macht indessen nicht der Urheber oder Schutzrechtsinhaber die Ansprüche nach § 97 UrhG geltend, sondern die Klägerin, die weder die Grafik entworfen noch die Lichtbilder gefertigt hat. In beiden Fällen ist zwar eine Übertragung nach § 29 Abs. 1 UrhG i. V. m. § 31 Abs. 1 UrhG möglich. Die Rechte nach § 97 UrhG kann der Nutzungsberechtigte jedoch – wie hier – nur dann im eigenen Namen geltend machen, wenn ihm das absolute Nutzungsrecht (§ 31 Abs. 3 UrhG) eingeräumt worden ist (v. Wolff in Wandtke/Bullinger, a. a. O., § 97 Rn. 8, 9). Dazu fehlt es bislang am Vortrag der Klägerin. Darüber hinaus ist die Übertragung eines ausschließlichen Nutzungsrechts nach der Zweckeinräumungsregel (§ 31 Abs. 5 UrhG) fernliegend.

aa) Der Umfang der Nutzungsrechtseinräumung bestimmt sich nach dem Vertragsinhalt. Fehlt eine ausdrückliche vertragliche Regelung, so ist auf den von den Parteien – nach dem gesamten Vertragsinhalt – übereinstimmend verfolgten Vertragszweck und den danach vorausgesetzten Bedürfnissen der Vertragspartner zurückzugehen und zu fragen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang zur Erreichung des Vertragszwecks die Einräumung von Nutzungsrechten erforderlich ist. Für den Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass die Rechte, die die Erreichung des Vertragszwecks erst ermöglichen, bereits stillschweigend mit übertragen werden. Für die über den Vertragszweck hinausgehenden Rechte bedarf es einer ausdrücklichen oder zumindest stillschweigenden Rechtseinräumung. Ein solcher Parteiwille kann sich auch aus dem Vertragszweck, aus den Begleitumständen und dem schlüssigen Verhalten der Beteiligten ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 1984 – I ZR 218/81, juris Rn. 19). Diese Grundsätze gelten auch für die Frage, ob dem Berechtigten ein einfaches oder ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt worden ist (§ 31 Abs. 5 Satz 2 UrhG).

bb) Nach dieser Maßgabe hat die Klägerin nicht dargelegt, dass ihr von den Fotografen auch das negative Verbotsrecht (§ 31 Abs. 3 Satz 1 UrhG) übertragen worden sein könnte. Mit der Berechtigung zur Darstellung der von den Fotografen erstellten Lichtbilder auf ihrer Internetseite musste zur Erreichung des Vertragszwecks nicht die Übertragung der ausschließlichen Nutzungsberechtigung einhergehen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. März 1988 – 20 U 166/87, juris, Rn. 2). Nicht anders verhält es sich mit der Grafik. Ein Urheber hat im Zweifelsfall kein Interesse daran, durch seinen Vertragspartner selbst von der Nutzung seines eigenen Werkes ausgeschlossen werden zu können, wenn für die Einräumung derart weitgehender Verwertungsrechte weder eine Notwendigkeit besteht noch ein derartiger Rechteverzicht gesondert honoriert wird (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 2. April 2008 – 5 U 242/07, juris Rn. 34). Dass es hier so liegen könnte, ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass die Darstellung der Grafik gegen Entgelt erfolgen durfte.“