Rechtsnormen: §§ 89 Satz 1, 148 Abs. 1 Nr. 1 TKG; §§ 3 Abs. 1, 43 Abs. 2 Nr. 3, 44 BDSG; §§ 263a Abs. 1 und 2, 263 Abs. 2, 22 StGB; § 265a StGB

Mit Beschluss vom 19.10.2010 (Az.: 25 Qs 177/10) hat das Landgericht Wuppertal entschieden, dass das sog. „Schwarzsurfen“ in unverschlüsselt betriebenen fremden WLAN-Funknetzwerken nicht strafbar ist.

Zum Sachverhalt:

Gegen einen Nichteröffnungsbeschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 03.08.2010 legte die Staatsanwaltschaft Wuppertal das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde ein. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft vor dem AG die Eröffnung einer Hauptverhandlung gegen einen Angeschuldigten beantragt. Diesem warf sie vor, mit seinem Laptop gezielt einen Ort in Wuppertal aufgesucht zu haben, an dem er sich in ein offenes und über einen WLAN-Router unverschlüsselt betriebenes fremdes W-LAN-Netz eingewählt haben soll, um so kostenlos das Internet nutzen zu können. Mit seinem Nichteröffnungsbeschluss verneinte das AG eine Strafbarkeit dieses Verhaltens und lehnte eine Eröffnung der Hauptverhandlung aus rechtlichen Gründen ab.

Nun bestätigte das Landgericht Wuppertal den Beschluss der Vorinstanz und lehnte die sofortige Beschwerde der StA als unbegründet ab:

Die Wuppertaler Landrichter verneinen unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt eine Strafbarkeit des Einwählens in ein offenes und über einen WLAN-Router unverschlüsselt betriebenes fremdes Funknetzwerk. Demnach liege auch keine Strafbarkeit gemäß §§ 89 Satz 1, 148 Abs. 1 Nr. 1 Telekommunikationsgesetz (TKG) vor.

In seiner Pressemitteilung Nr. 28/2010 vom 20.10.2010  führt das Landgericht Wuppertal aus:

„… da der Einwählende nicht zwischen anderen Kommunikationspartnern vertraulich ausgetauschte Nachrichten wahrnehme, die § 89 Satz 1 TKG unterfielen, sondern der Einwählende selbst Teilnehmer eines Kommunikationsvorgangs werde. Das Verhalten erfülle auch nicht den Tatbestand des unbefugten Abrufens oder Sich-Verschaffens personenbezogener Daten gemäß §§ 43 Abs. 2 Nr. 3, 44 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Weder bei dem Einwählen in das unverschlüsselt betriebene Funknetzwerk noch der anschließend hierüber erfolgenden Nutzung des Internetzugangs würden personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG abgerufen. Auch Straftatbestände des Strafgesetzbuchs hält die Kammer nicht für erfüllt. Eine Strafbarkeit wegen eines Ausspähens von Daten gemäß § 202a StGB, wegen eines Abfangens von Daten gemäß § 202b StGB, wegen eines versuchten Computerbetruges gemäß §§ 263a Abs. 1 und 2, 263 Abs. 2, 22 StGB sowie wegen eines Erschleichens von Leistungen gemäß § 265a StGB sei nicht gegeben.Die vollständige Entscheidung wird in wenigen Tagen im Internet in der Rechtsprechungsdatenbank NRWE (www.nrwe.de) des Justizportals des Landes Nordrhein-Westfalen abrufbar sein.“

Kommentar:

Vorliegendes Urteil steht im völligen Widerspruch zu einem Urteil des gleichen Erstinstanz-Gerichts  aus dem Jahr 2007. Damals entschied das Amtsgericht Wuppertal (Urt. v. 03.04.2007, Az. 22 Ds 70 Js 6906/06 (16/07)), dass derjenige, der sich in ein unverschlüsseltes und per Flatrate betriebenes W-LAN-Netz einloggt, um im Internet zu surfen (sog. Schwarz-Surfen), wegen eines tateinheitlichen Verstoßes gegen §§ 89 S. 1, 148 Abs. 1 S. 1 TKG (Verstoß gegen das Abhörverbot für Nachrichten) und gegen §§ 44, 43 Abs. 2 Nr. 3 BDSG (unbefugtes Bereithalten personenbezogener Daten) strafbar ist, obwohl sich der Angeklagte damals wie auch im vorliegenden Falls dahingehend eingelassen hatte, dass er sich des sogenannten Schwarzsurfens bedient habe, weil er aus finanziellen Gründen gegenwärtig sich einen Internetanschluss nicht leisten könne.