Mit Urteil vom 08.10.2010 (Az.  308 O 710/09) hat das Landgericht Hamburg einen Jugendlichen wegen „Filesharings“ verurteilt, pro verbreiteten Musiktitel 15 Euro Schadensersatz an den jeweiligen Rechteinhaber zahlen zu müssen.

Zum Sachverhalt:

Dem LG Hamburg lag eine Klage zweier Musikverlage wegen des Einstellens von Musikaufnahmen in eine Internettauschbörse vor. Die Rechteinhaber verlangten in diesem Zusammenhang Schadensersatz.

Der damals 16-jährige Beklagte stellte im Juni 2006 über den elterlichen Internetzugang zwei Musikaufnahmen in eine Internettauschbörse ein, sodass die Dateien durch „Filesharing“ von anderen Teilnehmern aufgerufen und heruntergeladen werden konnten. Bei diesen Dateien handelte es sich um Aufnahmen der Stücke „Engel“ der Gruppe „Rammstein“ und „Dreh dich nicht um“ des Musikers Marius Müller-Westernhagen. Am vorliegenden Prozess waren die Künstler nicht beteiligt; die Musikverlage sind als Klägerinnen die Inhaber der ausschließlichen Tonträgerherstellerrechte an den genannten Musikaufnahmen. Die Klägerinnen beantragten, dass der Beklagte wegen der unerlaubten Nutzung pro Aufnahme zu einem Schadensersatz iHv 300 Euro verurteilt werden sollte.

Nun entschied das LG Hamburg, dass der Jugendliche antragsgemäß schuldhaft handelte, die Schadensersatzforderung allerdings deutlich überhöht angesetzt wurde. Daher  habe er lediglich einen Anspruch iHv 15 Euro pro Musiktitel an die klagenden Musikverlage zu begleichen. Weitergehende Schadensersatzforderungen sowie eine Schadensersatzklage gegen den Vater des Jugendlichen wurden vom Gericht abgewiesen.

Das Gericht begründet seine Entscheidung in seiner Pressemitteilung vom 27.10.2010 folgend:

Nach Auffassung des Gerichts hat der Jugendliche das Urheberrecht schuldhaft und rechtswidrig verletzt, indem er die Musikstücke unerlaubt kopiert und in das Internet eingestellt hat. Zum Tonträgerherstellungsrecht der Klägerinnen gehörten auch das Vervielfältigungsrecht und das Recht des öffentlichen Zugänglichmachens. Bei der Höhe des Schadensersatzes müsse jedoch darauf abgestellt werden, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrags als angemessene Lizenzgebühr für die Nutzung der Musikaufnahmen vereinbart hätten. Da es keinen unmittelbar anwendbaren Tarif für die zu bewertenden Nutzungen gibt, müsse die angemessene Lizenz geschätzt werden. Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass es sich bei den fraglichen Titeln zwar um solche bekannter Künstler handelte, dass die Aufnahmen 2006 jedoch bereits viele Jahre alt waren und deshalb nur noch eine begrenzten Nachfrage angenommen werden kann. Da außerdem von einem kurzen Zeitraum auszugehen ist, in dem die Titel zum Herunterladen bereit standen, hat das Gericht geschätzt, dass es allenfalls zu 100 Downloads pro Titel gekommen sein könne. Unter Orientierung an dem GEMA-Tarif VR-OD 5 (Nutzung von Werken im Wege des Music-on-Demand zum privaten Gebrauch) sowie an dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt vom 05.05.2010 im Schiedsstellenverfahren zwischen dem BITKOM und der GEMA hat das Gericht die angemessene Lizenz auf 15 Euro pro Titel geschätzt.

Hinsichtlich der Schadensersatzklage gegen den Vater begründet das Landgericht, dass dieser weder Täter noch Teilnehmer der Urheberrechtsverletzung sei. Er sei zwar als sog. Störer anzusehen, weil er seinem Sohn unter Verletzung von Überwachungspflichten den Internetanschluss zur Verfügung gestellt hat, über den die Rechtsverletzungen begangen wurden. Durch dieses Verhalten werde jedoch keine Schadensersatzpflicht begründet.

Kommentar: Nur wenige Gerichtsentscheidungen befassen sich mit der Höhe der sog. fiktiven Lizenzgebühr im Falle eines Filesharings. Abmahnungen sehen üblicherweise quasi einen „Vergleichsbetrag“ zur Abgeltung von Anwaltskosten und Lizenzgebühr vor. Dieses Urteil stärkt die Rechtsposition der Abgemahnten deutlich. Zwar kommt es auch immer auf das Alter des Titels an, aber dieses ist nur ein Faktor für die Berechnung der Lizenzgebühr.