Rechtsnormen: § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG; §§ 3, 4 Nr. 11 UWG iVm § 4 a Abs. 1 BDSG; § 1 UKlaG; § 307 BGB

Mit Urteil vom 06.03.2012 (Az. 16 O 551/10) hat das Landgericht Berlin Facebook untersagt, Verbrauchern via E-Mail Einladungen zu senden, wenn diese zuvor einer Einwilligung in die Nutzung ihrer E-Mail-Adresse nicht eingewilligt haben.

Im Ergebnis stellt das Gericht fest, dass Facebook mit seinem „Freundefinder“ und teilweise mit seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen Verbraucherrechte verstößt.

Zum Sachverhalt:

Wegen der Versendung von Freundschaftsanfragen ohne vorherige Einwilligung des kontaktierten Verbrauchers sowie verschiedener AGB-Klauseln klagte der Bundesverband der Verbraucherzentralen gegen Facebook.

Das Landgericht Berlin untersagte der Facebook Ireland Ltd. nun antragsgemäß die Versendung von Freundschaftsanfragen ohne Einwilligung des kontaktierten Verbrauchers an Dritte und die Verwendung eines unzureichenden Hinweises auf Datenimport bei der Registrierung sowie die Verwendung verschiedener Vertragsklauseln. Die entsprechende Werbepraxis von Facebook und die verwendeten Klauseln seien mit wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen sowie den Regeln über Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht vereinbar.

Das Landgericht ist der Auffassung, Freundschaftsanfragen ohne vorherige Einwilligung des kontaktierten Verbrauchers seien unwirksam. Unzulässig sei es auch, im Rahmen der Anmeldung eines neuen Mitglieds dessen E-Mail-Adressen zu importieren, ohne ihn darauf ausreichend hinzuweisen.

Zur Begründung führt das Gericht aus:

„Die E-Mails sind unlauter, § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.

Die Auswahl der Empfänger durch den einladenden Nutzer führt nicht zu der erforderlichen Einwilligung der Empfänger in die Zusendung der E-Mail. (…)

Es handelt sich um unerbetene Werbung der Beklagten. Werbung ist jedes Verhalten einer Person zu Gunsten eines eigenen oder fremden Unternehmens, das auf die Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen gerichtet ist. (…) Dies trifft auf die Einladungs- und Erinnerungs-Mails zu. Sie haben zwar aus Sicht der Nutzer einen sozialen Zweck, dienen gleichzeitig aber der Förderung des Absatzes von Dienstleistungen der Beklagten, da sie auf eine Vergrößerung ihrer Nutzerschaft gerichtet sind.

Die Versendung der E-Mails beruht auch nicht auf einem Entschluss eines Dritten, also der einzuladenen Nutzer. Vielmehr handeln diese und die Beklagten nach Ansicht der Kammer als Mittäter (§ 830 Abs. 1 S. 1 BGB), da sie bewusst und gewollt bei der Versendung der E-Mails zusammenwirken. Die Nutzer stellen die erforderlichen Adressdaten, während die Beklagte die Einstellung der Mails und deren Versand übernimmt.

Der damit festzustellenden Unlauterkeit steht auch nicht entgegen, dass der soziale Charakter des „Freunde finden“, also das legitime Interesse des Nutzers an der Schaffung eines möglichst breiten Freundeskreises, gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse der Beklagten an weiteren Nutzern durchaus erheblich erscheint. Nach § 7 UWG kommt es allein auf das Interesse des jeweiligen Empfängers der Direktwerbung an, das nach Abs. 2 Nr. 3 UWG aber ausdrücklich erklärt werden. Auch die nach § 3 Abs. 1 und 2 UWG erforderliche Spürbarkeit der Beeinträchtigung ist im Rahmen des § 7 UWG nicht erforderlich. Vielmehr ist bei Vorliegen der Fallgruppen des § 7 Abs. 2 UWG „stets“ von einer unzumutbaren Belästigung auszugehen.

(…)

Im Hinblick auf die Einwilligung des Nutzers in die Nutzung der Daten durch die Beklagte liegt jedenfalls ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG iVm § 4 a Abs. 1 BDSG vor.

(….)

Der Kläger kann zudem von der Beklagten gemäß § 1 UKlaG (…) verlangen es zu unterlassen, die hier beanstandeten Klauseln der AGB und Datenschutzrichtlinien anzuwenden:

Die „IP-Lizenz“ ist unwirksam gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. (…)

Die Klausel „Über Werbung auf Facebook“ ist jedenfalls wegen eines Verstoßes gegen das Transparentgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) unwirksam. (…)

Die Unwirksamkeit der Änderungsermächtigung folgt (…) aus § 307 Abs. 1 BGB (unangemessene Benachteiligung). (…)

Die Unwirksamkeit der Klausel „Information von anderen Webseiten“ folgt wiederum aus § 307 Abs. 1 BGB. (…)

Das soeben Gesagte gilt auch im Hinblick auf die „Information, die Du mit anderen teilst“.

Kommentar:

Urteil und Begründung des Gerichts sind eindeutig. Insbesondere stellt das Landgericht ausdrücklich fest, dass deutsches Recht anzuwenden ist. Facebook wird sich daher zukünftig wahrscheinlich nicht weiter hinter dem unternehmensfreundlicheren irischen oder amerikanischen Datenschutzrecht verstecken können.

Facebook ist nun am Zug: Entweder strebt das Unternehmen das Berufungsverfahren vor dem KG Berlin an – wovon auszugehen ist – oder es bereinigt umgehend seine Geschäftsbedingungen.