LG Berlin: Entertainerin Désirée Nick gewinnt gegen Prinzessin Thyra von Hannover Rechtsstreit wegen Verstoßes gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht

Rechtsnormen: §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB; Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG

In einem persönlichkeitsrechtlichen Streit zwischen Prinzessin Thyra von Hannover und der Entertainerin Desirée Nick hat das Landgericht Berlin mit Urteil vom 15.03.2012 (Az. 27 O 542/11) entschieden, dass Prinzessin Thyra von Hannover nicht weiterhin behaupten darf, Desirée Nick sei nicht die Geliebte ihres Mannes.

Zum Sachverhalt:

Streitgegenstand ist eine öffentliche Äußerung der Prinzessin anlässlich der Präsentation des neuen Buches ihres Ehemanns Heinrich von Hannover, wonach dieser keine Beziehung mit der Entertainerin Desirée Nick habe. Prinzessin Thyra sagte auf Nachfrage von Journalisten: „Natürlich hat er keine Beziehung mit ihr.“ Auf weitere Nachfrage der Journalisten, ob sie eifersüchtig sei: „Um Gottes Willen, nein! Worauf soll ich denn eifersüchtig sein, bitte schön. Frau Nick inszeniert das alles doch bloß.“ Frau Nick fühlte sich wegen dieser Aussagen in ihrer Ehre verletzt und forderte die Prinzessin anwaltlich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Nach erfolglosem Verstreichen der Frist zur Abgabe der Unterlassungserklärung erhob sie Klage beim LG Berlin. Sie behauptet, zwischen ihr und dem Ehemann der Beklagten Prinzessin habe es zwischen 2006 und 2011 eine intensive Liebesbeziehung mit bis zu 35 Treffen pro Jahr gegeben. Zu Beweiszwecken legt sie dem Gericht u.a. E-Mails vor. Das letzte Treffen vor der Buchpräsentation am 02.05.2011 habe am 29.03.2011 stattgefunden. Die Klägerin fühlt sich fälschlicherweise als Lügnerin bezichtigt und somit in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.

Das Gericht gab nun der Klägerin Nick Recht und verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Nach Ansicht der Berliner Richter habe Prinzessin Thyra eine unwahre Tatsachenbehauptung aufgestellt und dadurch die Entertainerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt.

Zur Begründung führt das Gericht aus:

„Die Klage ist begründet. (…) Die Äußerungen verletzen die Klägerin rechtswidrig in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Ob ein rechtswidriger Eingriff in das als sonstiges Recht gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht vorliegt, ist im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu ermitteln (…) Erforderlich ist eine Abwägung sowohl auf der Grundlage einer generellen Betrachtung des Stellenwerts des betroffenen Grundrechtspositionen als auch unter Berücksichtigung der Intensität ihrer Beeinträchtigung im konkreten Fall (BGH, Urt. v. 19.04.2005 – Az. X ZR 15/04). (…) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt insoweit freilich insbesondere auch vor einer Beeinträchtigung der Privat- oder Intimsphäre. Des Weiteren schützt es vor herabsetzenden, vor allem ehrverletzenden Aussagen oder davor, dass einem Betroffenen Äußerungen untergeschoben werden, die er nicht getan hat. Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung in erster Linie vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (BGH, Urt. v. 11.03.2008, Az. VI ZR 7/07). (…) Nach diesen Maßstäben stellt die Beklagte hier unwahre Tatsachenbehauptungen über die Klägerin auf, die ehrenrührig sind und die Klägerin rechtswidrig in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzen. Dem detaillierten Vortrag der Klägerin, dass sie seit Herbst 2006 bis zu dem öffentlichen Auftritt im April 2011 wieder eine intensive Liebesbeziehung mit dem Ehemann der Beklagten geführt hat, ist diese nicht entgegengetreten, so dass dieser Vortrag als zugestanden gilt, § 138 Abs. 3 ZPO. (…) Dass der Ehemann der Beklagten noch vor der Buchvorstellung im April 2011 die Beziehung beendet hat, behauptet die Beklagte nicht. Unerheblich ist, dass nach der Veranstaltung die Beziehung nicht fortgesetzt wurde und derzeit nicht mehr besteht. Die Fragen der „Bunten“ an die Beklagte bezogen sich auf den Zeitpunkt der Veranstaltung in Potsdam und unmittelbar davor. Das hat die Beklagte auch so verstanden, denn laut der von der „Bunten“ zitierten ersten Äußerung spricht sie selbst das bei einer Hochzeit aufgekommene Gerücht an, ihr Mann habe eine Beziehung mit der Klägerin, womit nur gemeint sein kann, ihr Mann habe derzeit eine Beziehung. (…) Jedenfalls im Zusammenspiel mit der folgenden Äußerungen, die Klägerin inszeniere „das“ doch alles bloß, führt dies aber zu einer rechtswidrigen Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin, da dieser zu Unrecht unterstellt wird, sie inszeniere bloß eine Beziehung zu dem Ehemann der Beklagten, obwohl es tatsächlich keine gebe. Damit wird der Klägerin vorgeworfen, die Öffentlichkeit bewusst zu täuschen. (…) Da die Äußerungen der Beklagten rechtswidrig waren, wird die Wiederholungsgefahr mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung vermutet. Das bloße Ende der Beziehung zwischen Klägerin und dem Ehemann der Beklagten führt hier nicht zum Wegfall der Wiederholungsgefahr bezüglich der Äußerungen gegenüber der „Bunten“. Ohne Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ist die Klägerin nicht davor geschützt, dass die Beklagte erneut behauptet, im April 2011 und unmittelbar davor habe es keine Beziehung zwischen der Klägerin und dem ihrem Ehemann gegeben; die Klägerin habe eine solche nur inszeniert.“

Kommentar:

Hätte Prinzessin Thyra auf die Frage der Presse nicht reagiert bzw. die Standardantwort „Kein Kommentar“ abgegeben, wäre es nicht zu diesem Rechtsstreit gekommen. Stattdessen wollte sie gemäß ihrer Aussage vor Gericht „bewusst Flagge zeigen“ und behauptete schlicht die Unwahrheit, die Frau Nick in ein schlechtes öffentliches Licht rückte. Somit ging dieser als „Flagge zeigen“ bewusst abgegebene Schuss deutlich nach hinten los. Frau Nick, die vor Gericht „aus dem Nähkästchen plauderte“ und eine Vielzahl intimer Post preisgab, ist trotz des Endes ihrer Beziehung zum Prinzen die Gewinnerin dieses Streits; die Prinzessin muss nun neben der vielen negativen Presse über sich und ihre Ehe auch die Kosten des Verfahrens (er)tragen.