Rechtsnorm: § 433 BGB

Mit Urteil vom 04.11.2013 (Az. 2 U 94/13) hat das OLG Hamm entschieden:

Eine wegen eines Fehlers bei der Mindestpreisangabe abgebrochene eBay-Auktion bewirkt auch bei einem vorhandenen Gebot keinen Vertragsschluss, weil das Angebot nach den Ebay-Bedingungen zurückgezogen werden konnte.

(Leitsatz des Gerichts)

Zu Sachverhalt:

Über den eBay-Account seines Vaters (Beklagter) bot der volljährige Sohn einen Audi A4 2.0 TDI zum Verkauf an, allerdings ohne einen Mindestpreis anzugeben. Diesen Fehler bemerkte der Sohn und brach die Auktion ab, um sie sodann mit Mindestpreis neu einzustellen. Zum Zeitpunkt des Abbruchs lagen bereits Gebote für das Auto vor. Höchstbietende war die Klägerin, eine GbR, mit einem Gebot von EUR 7,10.  Die Klägerin ist der Ansicht, es sei durch den Abbruch ein rechtsgültiger Kaufvertrag über das Auto mit einem Kaufpreis von EUR 7,10 zustande gekommen. Sie verlangt daher Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs gegen Zahlung des Kaufpreises.

Nachdem das erstinstanzliche Landgericht Paderborn die Klage abgewiesen hatte, lag die Sache im Berufungsverfahren dem OLG Hamm zur Entscheidung vor.

Das OLG bestätigte nun das erstinstanzliche Urteil, wonach kein Kaufvertrag zustande gekommen sei. Das Gericht stellt zur Begründung darauf ab, dass der Beklagte sein erstes Angebot wirksam zurückgezogen habe. Dieses Recht stehe ihm gemäß der eBay-AGB zu, da ihm beim Einstellen des Angebots ein Fehler (Nichtberücksichtigung einer Mindestpreisangabe) unterlaufen sei.

Zur Begründung führt das Gericht aus:

„Zwischen der Y und dem Beklagten ist entgegen der Auffassung des Landgerichts kein Kaufvertrag zu Stande gekommen. Das beruht nicht etwa darauf, dass die Y nicht existiert, die Y keine Erklärungen abgegeben hätte oder auf Seiten des Beklagten ein vollmachtloser Vertreter gehandelt hätte (a. – c.), sondern darauf, dass der Beklagte sein Angebot wirksam widerrufen hat (d.). (…)

Soweit nach dem Ergebnis der Anhörung des Sohns des Beklagten dieser gehandelt hat, ist dieses Vorbringen neu und streitig. Ob es im Hinblick auf etwa fehlende Vertretungsmacht zuzulassen wäre, kann dahin stehen. Der Beklagte wusste danach, dass sein Sohn seinen X-Account benutzt, um Sachen zu verkaufen. Daraus ergibt sich eine schlüssig erteilte Vollmacht des Beklagten für seinen Sohn, in seinem Namen zu handeln. Dass er vom Einstellen des Fahrzeugs nichts gewusst haben mag, ändert an dieser Bewertung nichts. Im Hinblick auf die Vorgänge um das Einstellen des Fahrzeugs auf X ist es zuzulassen, da es insoweit lediglich Konkretisierung des erstinstanzlichen Vorbringens darstellt und es dafür keinen Unterschied ausmacht, ob der Beklagte selbst oder sein Sohn gehandelt hat.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat der Beklagte sein Angebot wirksam zurückgezogen, weshalb das Gebot der Klägerin keinen Vertragsschluss bewirken konnte.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes  – VIII ZR 305/10 –  steht ein über die Einstellung bei X abgegebenes Angebot unter dem Vorbehalt, dass kein Widerrufsgrund nach den X-Bedingungen gegeben ist. Nach den X-Bedingungen kann ein Angebot zurückgezogen werden, wenn – was hier allein in Betracht kommt – dem Anbieter bei der Einstellung des Angebots ein Fehler unterlaufen ist, wozu nach den vom Beklagten überreichten Erläuterungen seitens X [Roter Anlagehefter, B2] auch ein Fehler bei der Angabe des Mindestpreises gehört. Entgegen der Auffassung des Klägers bedarf es im Falle des Vorliegens eines Widerrufsgrundes nach den X-Bedingungen – auch im Falle eines Irrtums, so ein solcher hier vorliegen sollte – keiner gesonderten Anfechtung. Der Bundesgerichtshof hat in der genannten Entscheidung erkannt, dass die erläuternden Hinweise von X zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Recht zur vorzeitigen Angebotsbeendigung besteht, von Bedeutung sind. Die Verweisung des § 10 AGB X – die AGB sind im Internet abrufbar, aktuell § 10 Nr. 1. AGB – auf eine „gesetzliche“ Berechtigung hat er nicht im engen Sinne einer Verweisung nur auf die gesetzlichen Bestimmungen über die Anfechtung von Willenserklärungen verstanden. Das gilt für den Widerrufsgrund Verlust des Verkaufsgegenstandes, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu Grunde lag, und für den Widerrufsgrund Fehler beim Eingeben des Mindestpreises gleichermaßen. 

Nach dem Ergebnis der Anhörung des Sohnes des Beklagten im Senatstermin ist bei der Eingabe des Mindestpreises ein Fehler unterlaufen, mag der nun darin bestehen, dass das System eine entsprechende Eingabe nicht angenommen hat oder darin, dass die Eingaben an sich nicht dazu führten, dass das System einen mit Mindestpreis versehenes Angebot generiert hat. Beides bedeutet einen Fehler bei der Eingabe im Sinne der X Bedingungen.

Dass sich die Dinge so ereignet haben, wie vom Sohn des Beklagten bei seiner Anhörung geschildert, steht zur Überzeugung des Senat fest.“

Kommentar:

Revision wurde nicht zugelassen. Das OLG verweist auf die Rechtsprechung des BGH, wonach  die Einstellung eines Angebots auf einer Plattform wie eBay unter dem Vorbehalt steht, dass kein Widerrufsgrund nach den AGB des Plattformbetreibers vorliegt. Hier berücksichtigte der Sohn irrtümlich die Angabe eines Mindestpreises nicht. Gemäß eBay-AGB stellt dies einen wirksamen Widerrufsgrund dar.