Rechtsnormen: § 3 UWG, § 5 UWG, § 8 UWG

Mit Urteil vom 24.09.2013 (Az. 4 U 64/13) hat das OLG Hamm im einstweiligen Rechtsschutzverfahren entschieden, dass eine Internetwerbung für ein Zahngesundheitsprogramm, wonach dieses „deutschlandweit das einzige Vollprogramm“ sei, irreführend ist, wenn tatsächlich nicht alle Leistungen, die über die kassenärztliche Regelversorgung hinausgehen, von Angebot erfasst sind.

Zum Sachverhalt:

Die Parteien bieten Managementdienstleistungen im Gesundheitswesen an. Unter anderem vermitteln sie Zahnarztpatienten  zahnärztliche Behandlungen, die die Regelversorgung nicht umfasst (Zahnzusatzversicherungen) und regelmäßig von den Patienten selbst zu bezahlen sind.

Im Internet bewarb die Antragsgegnerin ihr Zahngesundheitsprogramm u.a. wie folgt:

„1. Leistungsgarantie

Es ist deutschlandweit das einzige Vollprogramm, bei dem Sie umfangreiche Leistungen zur Zahnvorsorge (PZR, Kinderprophylaxe), Zahnerhaltung (Kunststofffüllungen), für Zahnersatz (Kronen, Brücken, Prothesen) und für Implantate (auch Knochenaufbau und Sinuslift) erhalten.“

Nachdem die Antragsgegnerin von der Antragstellerin wegen irreführender Alleinstellungswerbung abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert worden war und die Antragsgegnerin dies abgelehnt hatte, reichte die Antragstellerin Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim LG Essen ein.

Das Landgericht gab dem Antrag statt. Hiergegen legte die Antragsgegnerin das Rechtsmittel der Berufung ein.

Das OLG Hamm bestätigte nun die erstinstanzliche Entscheidung und untersagte die Werbung als doppelt irreführend hinsichtlich Umfang und Bedeutung des Programms. So sei das Angebot entgegen der Werbung weder umfänglich noch deutschlandweit einzigartig.

Zur Begründung führt das Gericht aus:

„Der solchermaßen aufmerksame Adressat wird durch die Aussage:

„Es ist deutschlandweit das einzige Vollprogramm, bei dem Sie umfangreiche Leistungen zur Zahnvorsorge (PZR, Kinderprophylaxe), Zahnerhaltung (Kunststofffüllungen), für Zahnersatz (Kronen, Brücken, Prothesen) und für Implantate (auch Knochenaufbau und Sinuslift) erhalten.“

in doppelter Hinsicht hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung des von der Antragsgegnerin beworbenen Zahngesundheitsprogramms und damit i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG irregeführt.

Denn er wird irrtümlich davon ausgehen, dass es sich bei dem als „Vollprogramm“ beworbenen „Zahngesundheits-Programm“ tatsächlich um ein solches handelt, das diese Bezeichnung auch verdient, weil es auch über die Regelversorgung hinaus alle zahnärztlichen Leistungen abdeckt.

Schon nach dem Wortsinn kann ein „Vollprogramm“ nur ein solches „Zahngesundheits-Programm“ sein, das im Hinblick auf die hierin enthaltenen zahnärztlichen Leistungen tatsächlich vollständig ist. (…)

Nichts anderes ergibt sich aufgrund der neben der beanstandeten Aussage wiedergegebenen Preisliste der Antragsgegnerin. Denn eine solche Preisliste ist aus der Sicht des Verbrauchers weder dazu gedacht noch in der Lage, Aussagen dazu zu treffen, ob die zuvor mit dem Begriff „Vollprogramm“ geweckte Erwartung richtig ist oder nicht. Auch der Verbraucher, der der in Rede stehendende Internetseite größere Aufmerksamkeit entgegenbringt, wird nicht zwangsläufig die daneben abgebildete Preisliste der Antragsgegnerin bis zum Ende durchlesen, um sodann womöglich festzustellen, dass ihm entgegen der mit dem Begriff „Vollprogramm“ geweckten Erwartung eben doch kein solches offeriert wird, zumal  er nicht weiß, ob die Liste überhaupt abschließend ist.

Tatsächlich handelt es sich bei dem „Zahngesundheits-Programm“ der Antragsgegnerin nicht um ein „Vollprogramm“ in diesem Sinne.

Denn das Programm integriert gerade nicht alle zahnärztlichen Leistungen, sondern klammert maßgebliche Leistungen wie konservierend-chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen aus. Dass das allgemeine Leistungsangebot der mit der Antragsgegnerin in Beziehung stehenden Zahnärzte hierdurch keine Einschränkung erfährt, sondern die Regelversorgung mit den zum Programm gehörenden Zusatzleistungen erweitert wird, ist insoweit unerheblich. Denn es kommt allein auf den Umfang des als solches beworbenen, aber damit nur vermeintlichen Vollprogramms an. Ob die nicht vom Programm erfassten Leistungen auf Wunsch des Patienten auch von den zum Programm der Antragsgegnerin gehörigen Zahnärzten erbracht werden können, ist damit ebenfalls ohne Belang.

Der angesprochene Verbraucher wird ferner davon ausgehen, dass es sich um das einzige Zahngesundheits-Programm handelt, das die im Einzelnen aufgeführten Leistungen beinhaltet. Auch dies ist jedoch nicht der Fall.