Die meisten abmahnungsträchtigen Fehler bei Onlineshops treten im Zusammenhang mit Belehrungsvorschriften nach dem Fernabsatzrecht auf. Und diese gelten nur gegenüber Verbrauchern. Daher liegt es nahe, einen Webshop so gestalten, dass sich dieser nur an Gewerbetreibende richtet. Dann kann nämlich auf Widerrufsbelehrung, Button-Lösung ect. verzichtet werden. Es ist allerdings in der Praxis äußerst schwierig, den Onlineshop zu gestalten, dass man damit auf der sicheren Seite ist, wie das nachfolgende Urteil des LG Leipzig zeigt.

Rechtsnormen: § 13 BGB, § 312 d BGB, § 312 g Abs. 2 BGB, § 312 g Abs. 3 BGB

Mit Urteil vom 26.07.2013 (Az. 08 O 3495/12) hat das Landgericht Leipzig entschieden, dass die Beschränkung eines Angebots auf Geschäftskunden nur dann zulässig ist, wenn diese klar und transparent erfolge. Andernfalls finden die verbraucherschützenden Vorschriften des § 312d BGB (Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen) und § 312g BGB (Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr: u.a. „Button-Lösung“) Anwendung.

Zum Sachverhalt:

Die Beklagte JW Handelssysteme GmbH war Inhaberin des Online-Schnäppchenmarktes melango.de, einem sogenannten „B2B“-Marktplatz, der sich gemäß Vertragsbedingungen nur an Unternehmer richtet. So wurden Kunden auf der Website mit „Willkommen liebe Geschäfts- und Gewerbekunden“ begrüßt. Auf der Seite wurden Produkte beworben. Zur näheren Produktbetrachtung und Bestellung war eine Anmeldung erforderlich. Unter der Rubrik „Vertragsinformationen“ wurde angegeben, dass mit der Anmeldung verbindlich ein gewerblicher kostenpflichtiger Zugang mit einer Grundgebühr iHv EUR 249,- sowie einer Aufnahmegebühr iHv EUR 199,- ohne Widerrufs- oder Rückgaberecht bestellt werde. Nach Ausfüllen und Klicken auf „weiter zu Schritt 2“ erschien eine Seite, auf der der Nutzer aufgefordert wurde, das Feld „Jetzt anmelden“ anzuklicken, um die AGB anzunehmen und die Datenschutzbestimmung zu akzeptieren. Unter diesem Feld stand der Vermerk „gewerblichen Zugang zahlungspflichtig bestellen“.

Dennoch konnten sich auch Verbraucher problemlos auf der Website anmelden. Eine Widerrufsbelehrung für Verbraucher erfolgte nicht.

Der Kläger macht Unterlassungsansprüche geltend.

Das Landgericht Leipzig gab der Klage nun statt.

Zur Begründung führt das Gericht aus:

„Die Beklagte verstößt bei ihrem Angebot für entgeltlichen Zugang zu einer Handelsplattform gegen § 312 g Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 4, 5 und 7 EGBGB, da sie über wesentliche Leistungsmerkmale, die Laufzeit und den Preis nicht unmittelbar, bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich informiert. Weiter verstößt sie gegen § 312 g Abs. 3 BGB, da die Schaltfläche, mit der die Bestellung ausgelöst wird, nicht gut lesbar mit nichts anderen als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist sowie gegen § 312 c Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 246, § 1 Nr. 10 EGBGB, da sie über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrecht nicht informiert.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind diese verbraucherschützenden Vorschriften auf den streitgegenständlichen Anmeldevorgang zur Handelsplattform der Beklagten anwendbar. Zwar kann ein Unternehmen sein Angebot auch grundsätzlich auf Geschäftskunden beschränken, mit der Folge, dass die verbraucherschützenden Normen nicht einschlägig sind. Erforderlich für eine solche Beschränkung ist aber, dass diese für den Besteller transparent und klar ist (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28.02.2008, Az. 4 O 196/07). Eine solche klare und transparente Beschränkung hat die Beklagte auf ihren streitgegenständlichen Internetseiten nicht vorgenommen. Vielmehr besteht aufgrund der konkreten Gestaltung der Internetseiten die naheliegende Möglichkeit, dass ein Verbraucher die vorgenommenen Beschränkungen übersieht.

Sofern sich die Beklagte darauf beruft, dass auf der Startseite durch die Anrede „Willkommen liebe Geschäfts- und Gewerbekunden“ deutlich wird, dass sich die Internetseite nur an Unternehmen richtet, kann dem nicht gefolgt werden. Vielmehr kann aus dieser Anrede nicht geschlossen werden, dass die Beklagte Privatkunden ausschließen will. Ein solcher Ausschluss müsste vielmehr ausdrücklich erfolgen. Sofern sich die Beklagte auf die Kopfzeile „Business to Business Markplatz für Geschäftskunden, für Firmen, Gewerbetreibende, Vereine, Handwerksbetriebe, Behörden oder selbstständige Freiberufler im Sinne des § 14 BGB“ beruft, ist zum einen festzustellen, dass diese Zeile aufgrund ihrer Größe und farblichen Gestaltung leicht zu übersehen ist und hinter der danach folgenden erheblich größeren Zeile, welche lautet „Restposten. Auslaufmodelle. Einzelstücke. Radikal reduziert“ zurücktritt. Darüber hinaus ergibt sich auch aus dieser Zeile nicht, dass Privatleute zwingend ausgeschlossen sind. Dasselbe gilt für den von Beklagtenseite dargelegten Hinweis „B2B – Marktplatz für Geschäftskunden“.

Ebenso wenig ergibt das Gesamtbild, insbesondere die Art der Werbung, welche sich auf Gewinne aus dem Weiterverkauf bezieht, einen ausdrücklichen Ausschluss von Privatkäufern. Angesichts der Tatsache, dass bei der Anmeldung das Feld „Firmenname“ kein Pflichtfeld ist, kann hieraus der Kunde nicht schließen, dass ein ausdrücklicher Ausschluss von Privatkunden vorliegt. Zwar wird der Kunde auf der Anmeldeseite unter der Rubrik „Vertragsinformationen“ darauf hingewiesen, dass mit der Anmeldung verbindlich ein gewerblicher Zugang mit einer Grundgebühr von 249,00 € sowie einer Aufnahmegebühr von 199,00 € ohne Recht auf Widerruf und Rückgabe erfolgt. Diese Information ist aber nicht besonders hervorgehoben und kann leicht übersehen werden.

Ebenso wenig ergibt sich aus dem Feld „Jetzt anmelden“ angesichts dessen konkreter Gestaltung klar und unmissverständlich, dass ein gewerblich zahlungspflichtiger Zugang bestellt wird. Während die Buchstaben „Jetzt anmelden“ deutlich und dick im Anmeldefeld erscheinen, ist die Information in diesem Feld, dass ein gewerblicher Zugang zahlungspflichtig bestellt wird, erheblich kleiner und dünner geschrieben und ist bei kleinen Bildschirmen fast nicht lesbar und kann auch ansonsten aufgrund des Größenverhältnisses leicht übersehen werden.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen den Ausschluss von Privatkunden deutlich geregelt hat. Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird vom Verbraucher leicht übersehen, da der durchschnittliche Verbraucher die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor Vertragsabschluss nicht zur Kenntnis nimmt. Im Übrigen dürfte eine solche Klausel auch überraschend und damit unwirksam nach § 305 c BGB sein.

Der Beklagten kann auch nicht hinsichtlich der Argumentation gefolgt werden, dass angesichts der Gestaltung ihrer Internetseite ein Kunde über seine Unternehmenseigenschaft täuscht, wenn er sich auf der Handelsplattform der Beklagten anmeldet. Hiergegen spricht neben den obigen Ausführungen auch, dass der Kunde in der Anmeldung gerade keine Angaben darüber machen muss, ob er ein Gewerbe besitzt oder nicht. Mangels entsprechender Angaben des Kunden kann daher von einer Täuschung nicht ausgegangen werden.

Unerheblich ist, ob die Beklagte die streitgegenständlichen Beträge als Vertragsgebühren oder als Vertragsstrafe und Schadensersatz fordert. Entscheidend ist, dass der Kunde mit seiner Willenserklärung zahlungspflichtige Vorgänge bei der Beklagten auflöst, ohne dass die Beklagte die entsprechenden verbraucherschützenden Normen eingehalten hat. Genau hiervor sollen die streitgegenständlichen verbraucherschutzrechtlichen Vorschriften den Verbraucher schützen.“

Kommentar:

Inzwischen hat die JW Handelssysteme GmbH ihr Geschäftsgebaren geändert. Um eine Anmeldung von Verbrauchern auszuschließen, verlangt die Betreiberin nun eine Personalausweiskopie und eine Kopie der Gewerbeanmeldung bzw. einen Handelsregisterauszug.

Die Kanzlei Dr. Graf berät Onlineshopbetreiber. Falls Sie also Fragen haben sollten, wie Ihr Onlineshop rechtssicher gestaltet sein soll, rufen Sie an unter: 05221 1 87 99 40 oder schreiben Sie eine Email: info@ra-dr-graf.de