Rechtsnormen: § 4 Nr. 11 UWG iVm Art. 9 und 10 VO (EG) Nr. 1924/2006; § 11 Abs. 1 LFGB

Mit Beschluss vom 05.12.2012 (Az. I ZR 36/11 – Monsterbacke) hat der BGH dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Hinweispflichten für gesundheitsbezogene Lebensmittelwerbung aus der Health-Claim-Verordnung bereits 2010 zu beachten waren.

Zum Sachverhalt:

Die Beklagte ist Herstellerin von Milcherzeugnissen, u.a. des Früchtequarks „Monsterbacke“. Sie verwendet auf der Oberseite der Verpackung den Werbeslogan „So wichtig wie das tägliche Glas Milch!“ Die Klägerin erachtet dies in Anwendung der Health-Claim-Verordnung als wettbewerbswidrig und nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Sie begründet ihren Antrag damit, dass der Werbeslogan sowohl nährwert- als auch gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel enthalte, weiter erforderliche Angaben aber fehlten. Zudem sei der Slogan nach § 11 Abs. 1 LFGB irreführend, da die Beklagte auf ihrem Produkt nicht auf den gegenüber Milch erheblich erhöhten Zuckergehalt hinweise.

Nachdem das erstinstanzliche LG Stuttgart (Urt. v. 31.05.2010 – 34 O 19/10 KfH) die Klage abgewiesen und das Berufungsgericht (OLG Stuttgart, Urt. v. 03.02.2011 – 2 U 61/10 – ZLR 2011, 352) die Beklagte antragsgemäß verurteilt hatte, setzt der BGH das Verfahren nun bis zu einer Vorabentscheidung des EuGH aus. Der EuGH hat zu entscheiden, ob die Hinweispflichten gemäß Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bereits ab dem Zeitpunkt der Geltung dieser Verordnung am 01.07.2007 zu beachten waren.

In seiner Presseerklärung vom 05.12.2012 führt der BGH zu den Gründen seines Vorabentscheidungsgesuchs aus:

„Der Bundesgerichtshof ist dabei davon ausgegangen, dass der Werbeslogan nicht irreführend ist und auch keine nährwertbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, wohl aber eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 dieser Verordnung darstellt. Dies entnimmt der BGH der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „Deutsches Weintor“ (Urteil vom 6. September 2012 C 544/10, GRUR 2012, 1161 Rn. 34-36). Danach ist der Begriff „gesundheitsbezogene Angabe“ weit zu verstehen.

Der Erfolg des Rechtsmittels hängt demnach davon ab, ob die Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 in dem für die Beurteilung des Falles relevanten Zeitraum im Jahr 2010 bereits anwendbar war. Hierfür spricht der Wortlaut des Art. 28 Abs. 5 der Verordnung, in dem Art. 10 Abs. 2 der Verordnung nicht genannt ist. Nach der gegenteiligen Ansicht spricht der systematische Zusammenhang der Regelung dafür, dass die Hinweispflichten gemäß Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 erst ab der – nach wie vor ausstehenden – Verabschiedung der Liste zugelassener gesundheitsbezogener Angaben gemäß Art. 13 Abs. 3 der Verordnung gelten.“

Kommentar:

Ob die Klage vor dem BGH erfolgreich sein wird, hängt nun maßgeblich von der Vorabentscheidung des Europagerichts ab. Der BGH erachtet den Werbeslogan als nicht irreführend; auch enthalte er keine nährwertbezogenen Angaben. Allerdings sei die Werbeaussage „So wichtig wie das tägliche Glas Milch!“ wohl als (unzulässige) gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der Health-Claim-Verordnung zu verstehen. Ob diese allerdings überhaupt Anwendung finden kann, hat nun vorab das höchste europäische Gericht zu klären.

Seit dem 14.12.2012 ist in jedem Falle die Übergangsfrist zur Umsetzung ausgelaufen. Daher müssen Hersteller und Shopbetreiber die Vorgaben der Health Claims Verordnung beachten. Andernfalls drohen Abmahnungen von Verbraucherschutzvereinen sowie Mitbewerbern.

Die Anwaltskanzlei Dr. berät Sie dazu gern: Tel. 05221 1879940. Email: graf@ra-dr-graf.de