Rechtsnormen: VO (EG) 40/94 Art. 8 Abs. 1 lit. b (inzwischen VO (EG) 2007/2009)

Das Gericht der Europäischen Union hat mit Urteil vom 04.03.2010 (Az. T-24/08 (HABM)) entschieden, dass zwischen zwei dreidimensionalen Zeichen in Form einer zylindrischen Flasche mit wendelförmigem Hals aufgrund visueller Unterschiede keine Verwechselungsgefahr vorliegt. Hierbei spielt der haptische Markeneindruck keine Rolle, da sich der Verbraucher bei Flaschen insbesondere auf die Wort- und Bildelemente auf den Etiketten konzentriert.

Zum Sachverhalt:

Die Inhaberin einer Gemeinschaftsmarke für Zeichen in Form einer zylinderförmigen Flasche mit wendelförmigem Flaschenhals legte Widerspruch gegen eine Gemeinschaftsmarkenanmeldung, bei der es sich ebenso um ein dreidimensionales Zeichen in Form einer zylinderförmigen Flasche mit wendelförmigem Hals handelt, ein. Zusätzlich trägt die anzumeldende Flasche in ihrem zylindrischen Teil die Aufschrift „snipp“. Die jüngere Marke beantragt nun Warenschutz. Die zuständige Widerspruchsabteilung des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (HABM) wies den Widerspruch wegen fehlender Verwechselungsgefahr zurück. Auch die Beschwerde blieb erfolglos, wodurch der Fall dem EuG zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Auch das EuG wies die Klage ab. Die Europarichter begründen ihr Urteil mit mangelnder Verwechselungsgefahr: Zwischen beiden dreidimensionalen Zeichen bestehe keine Verwechselungsgefahr, da beim Vergleich beider Zeichen ein klanglicher Vergleich nicht möglich sei. Die ältere Marke enthalte im Gegensatz zur neuen keinen eingravierten Wortbestandteil. Ebenso sei ein begrifflicher Vergleich nicht möglich, da die gegenüberstehenden Marken keinen Bedeutungsgehalt hätten. Lediglich in visueller Hinsicht sei ein Vergleich möglich. Dieser Vergleich lasse aber mehrere entscheidende Unterschiede zwischen beiden Marken erkennen. Zunächst ist das ältere Zeichen länger und schlanker, somit graziler, als das jüngere, das eher gedrungen den Eindruck von Schwere liefere. Darüberhinaus hätten beide Flaschenhälse unterschiedliche Spiralen. Trotz Identität könne eine Verwechselung ausgeschlossen werden. Auch der klägerische Einwand, der haptische Eindruck der Marken spiele eine Rolle, ändert an der EuG-Sicht nichts. Aus den Verkaufsmodalitäten für Flaschen ergebe sich, dass sich der Verbraucher zunächst und insbesondere auf die Wort- und Bildelemente auf den Etiketten konzentriere, so die Richter.

Kommentar:

Problematisch ist die Argumentation des EuG hinsichtlich des Einwands des haptischen Eindrucks. Die Überlegung des Gerichts, wonach sich aus den Verkaufsmodalitäten ergebe, dass der haptische Eindruck im Vergleich mit den Elementen auf dem Etikett in den Hintergrund treten müsse, verstößt gegen den europarechtlichen Grundsatz, dass bei der Feststellung einer Verwechselungsgefahr die Marken mit ihrer Eintragung zu vergleichen sind.  Daher spielt die tatsächliche Benutzung in der abweichenden Form keine Rolle.