Rechtsnormen: Art. 1, 2 Abs. 1 GG; §§ 888, 889 ZPO; §§ 3, 4, 8, 17 UWG; §§ 242, 259 BGB

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 11.06.2010 (Az. 2 BvR 535/10) entschieden, dass möglicherweise die Grundrechte des Auskunftspflichtigen, insbesondere seine allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG, verletzt sein könnten, wenn dieser mit Zwangsmitteln nicht bloß zu einer wahrheitsgemäßen Auskunft, sondern zu einer Auskunft bestimmten Inhalts gezwungen werden soll.

Zum Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer schied als geschäftsführender Gesellschafter aus und gründete ein eigenes Konkurrenzunternehmen. Die Gesellschaft wirft ihm vor, er habe sich vor seinem Ausscheiden unbefugt ihre Kunden- und Firmendaten verschafft, um diese für sein neues Unternehmen zu nutzen. Demgegenüber behauptet er, alle die Gesellschaft betreffenden Unterlagen bei seinem Ausscheiden herausgegeben zu haben. Allerdings habe er einige Kunden- und Firmendaten später aus dem Gedächtnis mithilfe von Telefonbüchern und des Internets rekonstruiert.

Nachdem zunächst das Landgericht Krefeld die Klage abwies, erkannte das OLG Düsseldorf nach Beweisaufnahme auf einen Verrat von Geschäftsgeheimnissen nach § 17 Abs. 1 UWG und verurteilte den Beschwerdeführer zur Auskunftserteilung, welche Originale und Kopien der Kunden- und Firmendaten er bisher nicht herausgegeben habe. Der Beschwerdeführer erklärte in der Folge schriftlich, keine Originale oder Kopien der Kunden- und Firmendaten zu besitzen und nach seinem Ausscheiden auch nie besessen zu haben. Dennoch setzte das LG Krefeld gegen ihn wegen Nichterteilung der Auskunft ein Zwangsgeld in Höhe von 8.000 Euro fest. Der Einwand, er habe den Auskunftsanspruch erfüllt, greife nicht, da das OLG Düsseldorf rechtskräftig festgestellt habe, dass er sich die Daten noch vor seinem Ausscheiden verschafft habe. Die Kammer im Zwangsvollstreckungsverfahren sei an dieses Urteil gebunden. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde wurde seitens des OLG Düsseldorf zurückgewiesen.

Nun entschied der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts, die Vollziehung des Zwangsmittelbeschlusses bis zur endgültigen Entscheidung auszusetzen. Die Verfassungsrichter sehen in der Festsetzung des Zwangsgeldes und seiner Beitreibung eine Erzwingung einer Aussage bestimmten Inhalts.  Nach den Ausführungen der Instanzgerichte würde nur eine solche Auskunft als Erfüllung des Tenors akzeptiert, in der der Beschwerdeführer erkläre, wenigstens ein Exemplar der Kundendatei zu besitzen. Notwendig sei eine nähere Prüfung, ob dadurch seine Grundrechte, jedenfalls die durch Art. 2 Abs. 1 GG garantierte allgemeine Handlungsfreiheit, unverhältnismäßig beeinträchtigt seien. Zumindest sei dies denkbar, da ein Auskunftsverpflichteter grundsätzlich nicht zu einer Auskunft bestimmten Inhalts, sondern nur zu einer wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet sei. Für deren Erzwingung stehe nach der gesetzlichen Systematik aber in erster Linie das Mittel der eidesstattlichen Versicherung anstelle der Zwangsmittel zur Verfügung.