Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 07.04.2010 (Az. I BvR 2477/8) entschieden, dass die Veröffentlichung von Zitaten aus einer E-Mail unter die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit fällt. Ein zivilrechtliches Verbot eines solches Zitats ist daher nicht ohne Weiteres möglich.

Zum Sachverhalt:

Der Betreiber einer Internetseite, auf der er eine Onlinezeitung publizierte, beabsichtigte dort einen Artikel eines Autors zu veröffentlichen, der einen Rechtsstreit thematisierte, in dem er (der Autor) auf Veröffentlichungsunterlassen eines Buches in Anspruch genommen wurde. Daher fragte der Internetseitenbetreiber schriftlich bei dem rechtanwaltlichen Vertreter des Klägers in der Unterlassungssache an, ob er ein auf dessen Kanzleihomepage vorhandenes Foto zwecks Veröffentlichung verwenden dürfe. Ausdrücklich widersprach der Rechtanwalt unter Androhung rechtlicher Schritte einer Veröffentlichung eines Bildes seiner Person. Im Anschluss veröffentlichte der Seitenbetreiber den Artikel des Autors und kommentierte sowohl das Auftreten als auch die äußere Erscheinung des Rechtsanwalts, darüberhinaus merkte er an, der Rechtsanwalt „habe ein eindrucksvolles Homepage-Foto seiner Kanzlei zur Glosse des Autors nicht freigeben wollen“. Darüberhinaus gab er den Inhalt der E-Mails wörtlich wieder.

Daraufhin nahm der Rechtsanwalt den Seitenbetreiber vor dem LG Berlin auf Unterlassen in Anspruch, den das LG mit Urteil vom 05.06.2007 unter Hinweis auf eine Anspruchsgrundlage aus § 823 Abs. 1 und Abs. 2 iVm § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB bejahte.

Nun hob das Verfassungsgericht mit Beschluss das Urteil wieder auf gab es zur erneuten Entscheidung zurück.

Hierzu nennt es folgende Gründe:

„Soweit das Landgericht darauf abhebt, dass der Kläger „öffentlich vorgeführt“ werde, mag dies als Bezugnahme auf die Rechtsfigur der Prangerwirkung zu verstehen sein. (…) Ihre Anwendung auf den vorliegenden Fall ist jedoch nicht nachvollziehbar begründet. Die Urteilsgründe lassen insbesondere nicht erkennen, dass das mit dem Zitat berichtete Verhalten des Klägers ein schwerwiegendes Unwerturteil des Durchschnittspublikums oder wesentlicher Teile desselben nach sich ziehen könnte, wie es der Annahme einer Anprangerung vorausgesetzt ist.“

 

Bezüglich der Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und Interesse der Öffentlichkeit nennt das BVerfG:

„Vielmehr gewährleistet das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann. Angesichts dessen stellt es eine verfassungsrechtlich bedenkliche Verkürzung dar, wenn die Gerichte dem Kläger vorliegend allein deshalb einen Unterlassungsanspruch zuerkannt haben, weil dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege.“