Rechtsnormen: § 1 GastG; Art. 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 2 Nr. 8 GSG; Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 und Art. 20 Abs. 3 GG; § 32 Abs. 1 BVerfGG

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 02. August 2010 (Az. 1 BvQ 23/10) entschieden, dass auch hinsichtlich Shisha-Bars das bayerische Rauchverbot nicht verfassungswidrig ist.

Zum Sachverhalt:

Der Antragsteller wendet sich gegen das Rauchverbot in bayerischen Gaststätten. Das hierzu am 01.08.2010 durch einen Volksentscheid beschlossene neue bayerische Gesetz zum Schutz der Gesundheit sieht ein striktes Rauchverbot für alle Gaststätten vor. So sind die früher geltenden Ausnahmeregelungen für getränkegeprägte kleine Einraumgaststätten ebenso wie die zur gleichen Zeit geschaffene Möglichkeit, Rauchernebenräume einzurichten, entfallen.

Der Antragsteller betreibt ein Einraum-Bistro, in dem er vor allem Wasserpfeifen zum Rauchen anbietet. Seinen Angaben zufolge kommen mindestens 95 % seiner Gäste, um Wasserpfeife zu rauchen. Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung macht der Antragsteller im Wesentlichen eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 und Art. 20 Abs. 3 GG geltend. So trägt er vor, dass er seine Gaststätte schließen müsste, wenn das Rauchverbot in Kraft träte. Auch sei die früher zumindest nach der bayerischen Verwaltungspraxis bestehende Möglichkeit, einen Raucherclub zu betreiben, sei weggefallen. Auch eine Umstellung seines Gastronomiekonzeptes sei ihm nicht möglich. Wenigstens würde eine Umstellung aber zu lange dauern. Wegen offener Verbindlichkeiten drohe ihm gar die Insolvenz. In diesem Zusammenhang stelle sich daher die Frage, ob nicht zumindest eine Übergangsregelung oder ein finanzieller Ausgleich für besonders belastete Gaststätteninhaber geboten wäre.

Die Verfassungsrichter lehnten seinen Antrag nun ab, da eine in der Hauptsache zu erhebende Verfassungsbeschwerde unbegründet wäre. Demnach verletze die strikte Neufassung des Rauchverbots den Antragsteller nicht in seinen Grundrechten.

Zur Begründung führt das BVerfG aus:

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seinem Urteil vom 30. Juli 2008 entschieden, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehindert ist, dem Gesundheitsschutz gegenüber den damit beeinträchtigten Freiheitsrechten, insbesondere der Berufsfreiheit der Gastwirte und der Verhaltensfreiheit der Raucher, den Vorrang einzuräumen und ein striktes Rauchverbot in Gaststätten zu verhängen (vgl. BVerfGE 121, 317 <357 ff.>). Auf dieser Grundlage hat es auch das Gesundheitsschutzgesetz vom 20. Dezember 2007 in seiner ursprünglichen Fassung, der das hier angegriffene Gesetz weitestgehend entspricht, ausdrücklich gebilligt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 6. August 2008 – 1 BvR 3198/07, 1 BvR 1431/08 -, NJW 2008, S. 2701). Insoweit gilt – was der Antragsteller nicht in Zweifel zieht – für das Rauchen von Wasserpfeifen nichts anderes als für andere Formen des Tabakrauchens. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, diese Form des Rauchens ebenfalls in das Rauchverbot einzubeziehen (vgl. dazu LTDrucks 15/8603, S. 10). Angesichts des Einschätzungsspielraums, der dem Gesetzgeber zusteht, wenn er zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig wird (vgl. BVerfGE 121, 317 <350> m.w.N.), ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber auch den beim Rauchen von Wasserpfeifen entstehenden Tabakrauch in der Umgebungsluft als Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung ansieht (vgl. dazu Deutsches Krebsforschungszentrum, Wasserpfeife – die süße Versuchung <www.dkfz.de>; Bundesinstitut für Risikobewertung, Ausgewählte Fragen und Antworten zu Wasserpfeifen, Aktualisierte FAQ des BfR vom 1. Mai 2009 <www.bfr.bund.de>). Entscheidet sich der Gesetzgeber wegen des hohen Rangs der zu schützenden Rechtsgüter für ein striktes Rauchverbot in allen Gaststätten im Sinne von § 1 GastG, so darf er dieses Konzept konsequent verfolgen und muss sich auch nicht auf Ausnahmeregelungen für solche Gaststätten einlassen, bei denen – wie bei so genannten Shisha-Bars – das Rauchen Teil des gastronomischen Konzepts ist. Auch die besondere Belastung des Antragstellers begründet keine verfassungsrechtlichen Zweifel am strikten Rauchverbot. Zwar kann ein die Berufsfreiheit beschränkendes Gesetz, das als solches dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, insoweit gegen Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, als bei der Regelung Ungleichheiten nicht berücksichtigt wurden, die typischerweise innerhalb der betroffenen Berufsgruppe bestehen. Dies ist anzunehmen, wenn Gruppenangehörige nicht nur in einzelnen, aus dem Rahmen fallenden Sonderkonstellationen, sondern in bestimmten, wenn auch zahlenmäßig begrenzten typischen Fällen ohne zureichende sachliche Gründe verhältnismäßig stärker belastet werden als andere (vgl. BVerfGE 77, 84 <113> m.w.N.). Der Gesetzgeber kann dann gehalten sein, den unterschiedlichen Auswirkungen einer gesetzlichen Regelung durch Härteregelungen oder weitere Differenzierungen wie Ausnahmetatbestände Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 34, 71 <80>). Auch wenn für den Antragsteller, der sich als ausländischer Staatsangehöriger für seine Berufstätigkeit auf die Verhaltensfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) berufen kann (vgl. BVerfGE 104, 337 <346>), das Gleiche gelten mag, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob Gaststätten, die überwiegend auf das Rauchen von Wasserpfeifen ausgerichtet sind, die beschriebenen Voraussetzungen einer besonderen Betroffenheit erfüllen (vgl. in diesem Zusammenhang VerfGH Saarland, Urteil vom 1. Dezember 2008 – Lv 2/08 u.a. -, Bl. 20 ff. des Umdrucks; VerfGH Berlin, Beschluss vom 11. Juli 2008 – 93 A/08 -, juris). Denn eine stärkere Belastung von Inhabern bestimmter Arten von Gaststätten – bis hin zur Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz – ist angesichts der für alle Gaststätten geltenden Regelung durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt, weshalb weder Ausnahme- noch Härteregelungen erforderlich sind (vgl. BVerfGE 121, 317 <358>).