Rechtsnormen: Art. 5 Abs. 1 S. 1, 2 GG

Mit Beschluss vom 08.12.2011 hat das BVerfG (Az. 1 BvR 927/08) entschieden, dass die zivilgerichtliche Untersagung der Wortberichterstattung über eine Prominente (hier: Prinzessin Caroline von Hannover), die in einen Landschaftsbericht eingebunden ist, verfassungswidrig ist.

Zum Sachverhalt:

Der Burda-Verlag veröffentlichte 2007 in der Zeitschrift „Bunte“ einen Artikel über die Skiregion Arlberg. Der Bericht enthält u.a. Informationen über die Landschaft, die Hotels und deren Eigentümer. Zudem berichtet die „Bunte“ über mehrere prominente Personen, die in der Region ihren Urlaub verbringen. Über Prinzessin Caroline von Hannover (Caroline von Monaco) wird geschrieben, sie fahre „als Dauergast jedes Jahr in Zürs Ski – meist mit Familie“, trage ihre Skier selbst und sei auf der Terrasse eines bestimmten Hotels beim Mittagsbuffet anzutreffen als „unauffällig auftretende Caroline im Skianzug“. Gegen diese Berichterstattung ging Caroline zivilrechtlich vor und erreichte die Untersagung der Wortberichterstattung wegen einer Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (LG Berlin, Urt. v. 23.10.2007 – 27 O 701/07;  KG, Beschl. v. 28.02.2008 – 10 U 263/07).

Der Verlag sieht sich durch die Untersagung der Berichterstattung in seinem Grundrecht auf Meinungs- und Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2 verletzt und legte die Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.

Das BVerfG erkennt in der Untersagung eine Verletzung des Verlages in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit und hebt die vorherigen Zivilgerichtsentscheidungen daher auf. Es verweist die Sache zur neuen Entscheidung an das Landgericht zurück.

Zur Begründung führen die Karlsruher Richter aus:

„Das Landgericht – dessen Begründung sich das Kammergericht „uneingeschränkt anschließt“ – trägt dem Umstand nicht hinreichend Rechnung, dass die streitgegenständlichen Äußerungen nicht den Schwerpunkt des Artikels bildeten, sondern ihnen nur eine illustrierende Bedeutung im Rahmen eines allgemeinen Berichts über das Skigebiet Arlberg und sein Publikum zukam. Gegenstand des Gesamtartikels ist ein Bericht über die Skiregion Arlberg, ihre Landschaft, die Hotels und ihre Eigentümer sowie dabei auch darüber, dass viele Prominente in dieser Region Urlaub machen. Im Rahmen eines solchen Berichts kann ein Informationsinteresse daran, dass nicht nur allgemein die Anziehungskraft der Gegend auf Prominente behauptet wird, sondern konkretisierend auch mitgeteilt wird, welche Gäste die Urlaubsregion besuchen, nicht ohne weiteres verneint werden. Dies gilt umso mehr, als darüber der Leserschaft im Gewand eines unterhaltenden Beitrags anhand von Informationen über den Urlaub Prominenter, die für große Teile der Bevölkerung Leitbild- oder Kontrastfunktion haben, die Frage nach Art und Ort der Urlaubsgestaltung angesprochen und damit Anlass für eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte gegeben wird (vgl. BVerfGE 120, 180 <222>). Demgegenüber räumen die Fachgerichte dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin ein übermäßiges Gewicht ein, indem sie schon darin, dass der Bericht überhaupt Informationen über den Urlaub der Klägerin enthält, den maßgeblichen Grund für ein Überwiegen ihrer grundrechtlich geschützten Interessen sehen. Sie versäumen damit, den Bericht als Ganzen zu betrachten . In ihm geht es insgesamt gesehen um die Klägerin und ihre Urlaubsgewohnheiten nur als Kolorit am Rande. Der Bericht umfasst insgesamt sechs Seiten, auf denen lediglich an zwei Stellen die Klägerin erwähnt ist. Dabei wird die Klägerin durch die Darstellung jedenfalls nicht in ihrer Intimsphäre berührt. Betroffen ist vielmehr allein die äußere Privatsphäre. Die Informationen , die der – vorliegend allein angegriffenen – Wortberichterstattung zu entnehmen sind, beschränken sich im Wesentlichen auf Belanglosigkeiten, wurden von der Klägerin in tatsächlicher Hinsicht nicht bestritten und sind auch nicht ehrenrührig . In dem Bericht wird im wesentlichen nur geäußert, was jeder Besucher der Skiregion Arlberg ohnehin beobachten kann. Es wird nicht mitgeteilt, wann und wo genau die Klägerin in der Skiregion Urlaub macht. Das Hotel „Lorünser“ wird nicht als Übernachtungsort der Klägerin benannt, sondern nur dahingehend, dass die Klägerin mittags dort irgendwann während des Winters auf der Terrasse anzutreffen sein kann. Wenn das Landgericht sich des weiteren unter Berufung auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 24. Juni 2004 (Caroline von Hannover ./. Deutschland, Nr. 59320/00, NJW 2004, S. 2647) darauf stützt, dass die Äußerungen selbst bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs weder einen Vorgang von allgemeinem Interesse noch ein zeitgeschichtliches Ereignis beträfen, dann berücksichtigt es nicht hinreichend, dass diese beiden Kriterien primär der Rechtsprechung zur Bildberichterstattung entstammen. Auf den Begriff der Zeitgeschichte stellt nämlich § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG im Zusammenhang mit dem Recht am eigenen Bild ab. Selbst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der in der genannten Entscheidung über eine Bildberichterstattung zu erkennen hatte, weist auf die Besonderheiten bei der Bildberichterstattung gegenüber der Wortberichterstattung hin (EGMR, Caroline von Hannover ./. Deutschland, Nr. 59320/00, NJW 2004, S. 2647, Rn. 59).

Die Entscheidungen beruhen auf den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Fehlern . Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht bei erneuter Befassung unter angemessener Berücksichtigung der erfolgten Grundrechtsbeeinträchtigung auf der einen und der Bedeutung der Meinungsfreiheit auf der anderen Seite zu einer anderen Entscheidung in der Sache kommen wird.“