Mit Urteilen vom 17.12.2010 (Az. V ZR 44/10, V ZR 45/10, V ZR 46/10) hat der BGH entschieden, dass die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten die ungenehmigte Herstellung und Verwertung von Foto- und Filmaufnahmen der von ihr verwalteten Gebäude und Gartenanlagen zu gewerblichen Zwecken untersagen darf, wenn sie Eigentümerin ist und die Aufnahmen von ihren Grundstücken aus hergestellt worden sind.

Zum Sachverhalt:

Es klagte die durch Staatsvertrag der Länder Berlin und Brandenburg errichtete Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, die zur Aufgabe hat, die ihr übergebenen Kulturgüter zu bewahren, unter Berücksichtigung historischer, kunst- und gartenhistorischer und denkmalpflegerischer Belange zu pflegen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, gegen die Erstellung und Vermarktung von Foto- und Filmaufnahmen der von ihr verwalteten Kulturgüter ohne ihre Genehmigung zu gewerblichen Zwecken. Die Klägerin verwaltet über 150 historische Bauten und rund 800 ha Gartenanlagen in Berlin und Brandenburg (u.a. Schloss und Schlosspark Sanssouci, Cecilienhof, Park und Schloss Rheinsberg, Schloss Charlottenburg, Jagdschloss Grunewald und die Pfaueninsel). Großteils sind diese Bauwerke und Gartenanlagen in die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO aufgenommen worden. Somit gehören sie zu den beliebtesten touristischen Zielen Deutschlands.

In insgesamt drei Verfahren verlangt die Klägerin von den Beklagten, eine derartige Vermarktung zu unterlassen. Zusätzlich verlangt sie Auskunft über die Zahl der Foto- und Filmaufnahmen und der damit erzielten Einnahmen sowie die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des der Klägerin entstandenen Schadens.

Es handelt sich um unterschiedliche Beklagte. So ist eine Beklagte (V ZR 45/10) eine Fotoagentur, die teilweise eigene und teilweise fremde Fotos vermarktet. Die Beklagte des zweiten Verfahrens (V ZR 46/10) verarbeitete Filmaufnahmen von Gebäuden und Gartenanlagen auf den Anwesen der Stiftung ungenehmigt in einer DVD über Potsdam mit gewerblicher Verbreitung. Die Beklagte des dritten Verfahrens (V ZR 44/10) betreibt als eine Internetplattform, auf der gewerbliche Fotografen Fotos zum entgeltlichen Download im Internet platzieren. So hat sie ca. 4 Millionen Bilder in ihrem Bildportal gespeichert, darunter ca. 1.000 Fotos von Kulturgütern, die unter der Verwaltung der Klägerin stehen.

Nachdem zunächst das Landgericht den Klagen stattgegeben (LG Potsdam, Urt. v. 21.11.2008; Az. 1 O 175/08, 1 O 161/08, 1 O 330/08) und das Oberlandesgericht (OLG Brandenburg, Urt. v. 18.02.2010, Az. 5 U 12/09, 5 U 13/09, 5 U 14/09) als Revisionsinstanz diese mit der Begründung, das Eigentumsrecht beschränke sich auf den Schutz der Sachsubstanz und deren Verwertung, sodass die Ablichtung der Sache und die Verwertung von Ablichtungen keinen Eingriff in das Eigentumsrecht darstellten, abgewiesen hatte, entschied der BGH nun entgegen der Berufungsrechtsprechung.

Die Bundesrichter bejahten die erste grundsätzliche Frage, ob die Klägerin als Grundstückseigentümerin die Herstellung und Verwertung von Foto- oder Filmaufnahmen der von ihr verwalteten Kulturgüter zu gewerblichen Zwecken von ihrer – an ein Entgelt geknüpften – Zustimmung abhängig machen darf.

Zur Begründung führt das Gericht in seiner Pressemitteilung Nr. 241/2010 vom 17.12.2010 aus:

Er (der BGH) knüpft dabei an die Rechtsprechung des I. Zivilsenats des BGH an, die durch zwei Entscheidungen repräsentiert wird, die unter den Bezeichnungen „Schloss Tegel“ (Urt. v. 20.09.1974 – I ZR 99/73) und „Friesenhaus“ (Urt. v. 09.03.1989 – I ZR 54/87) bekannt geworden sind. Danach könne der Eigentümer die Herstellung und Verwertung von Fotos nicht untersagen, wenn sie von außerhalb seines Grundstücks aufgenommen worden sind. Er könne sie hingegen untersagen, wenn sie von seinem Grundstück aus aufgenommen worden sind. Das sei eine Folge des Eigentumsrechts. Der Eigentümer könne bestimmen, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen jemand sein Grundstück betritt. Ihm stehe das ausschließliche Recht zur Anfertigung und Verwertung von Fotografien zu, die von seinem Grundstück aus aufgenommen worden sind.

Die zweite Grundfrage, ob die Klägerin als Stiftung des öffentlichen Rechts unter Berücksichtigung der Vorschriften über ihre Aufgaben den Interessenten die Gebäude und Parkanlagen unentgeltlich für gewerbliche Zwecke zugänglich machen muss, verneinte der BGH.

Die Pressemitteilung führt aus:

Der Staatsvertrag beschreibe die Aufgabenstellung der Stiftung dahin, dass sie die ihr übergebenen Kulturgüter bewahren, unter Berücksichtigung historischer, kunst- und gartenhistorischer und denkmalpflegerischer Belange pflegen, ihr Inventar ergänzen und der Öffentlichkeit zugänglich machen soll. Aus der Satzung, die das Nähere dazu regelt, ergebe sich zwar, dass die Gärten und Parkanlagen als Erholungsgebiet zu gewährleisten sind und kein Eintrittsgeld erhoben wird. Aus ihr ergebe sich aber auch, dass schon diese Verpflichtung nur gilt, soweit Erhaltung und Pflege des Kulturguts, denen im Zweifel der Vorrang einzuräumen ist, das erlauben. Außerdem gelte die Kostenfreiheit nicht für Foto- und Filmaufnahmen zu gewerblichen Zwecken. Vielmehr sei die Klägerin ermächtigt, hierfür Entgelte zu verlangen.

Infolge der Beantwortung dieser Grundfragen verwies der BGH in der Sache V ZR 45/10 (Fotoagentur) an das Berufungsgericht zurück, da die weiteren Voraussetzungen der klägerischen Ansprüche einer weiteren Klärung bedürfen. Insbesondere sei noch zu prüfen, ob die Klägerin Eigentümerin der von ihr verwalteten Anwesen ist.

Im Verfahren V ZR 46/10 (Potsdam-DVD) wurde die Rechtslage anders beurteilt: Hier liege eindeutig ein Eigentum der Klägerin vor, weshalb auch ein Unterlassungsanspruch und ein Auskunftsanspruch bejaht werden konnten. Bezüglich des Schadensersatzanspruchs seien nach Ansicht der Bundesrichter noch weitere Feststellungen zum Verschulden erforderlich.

Im dritten Verfahren V ZR 44/10 (Internetplattform) stellte sich das Problem, dass die Beklagte selbst keine Foto- oder Filmaufnahmen von Gebäuden und Gartenanlagen der Klägerin angefertigt hatte und sie auch nicht selbst verwertet, sondern lediglich einen virtuellen Marktplatz zur eigenständigen Verwertung durch die Fotografen und Fotoagenturen betreibt. Hier folgte der BGH ebenso der Rechtsprechung des I. Zivilsenats.

Hierzu führt das Gericht aus:

Die Rechtsprechung des I. Zivilsenats ist durch die Entscheidungen mit den Schlagworten „Internet I bis III“ (Urt. v. 11.03.2004 – I ZR 304/01; Urt. v. 19.04.2007 – I ZR 35/04 und Urt. v. 30.04.2008 – I ZR 73/05), „jugendgefährdende Medien bei eBay“ (Urt. v. 12.07.2007 – I ZR 18/04) und „Sommer unseres Lebens“ (Urt. v. 12.05.2010 – I ZR 121/08) bekannt geworden. Danach müsse der Betreiber eines virtuellen Marktplatzes die dort angebotenen Fotos nur überprüfen, wenn er eine Verletzung von Immaterialgüterrechten und Eigentumsrechten oder andere Rechtsverletzungen erkennen kann. Daran fehle es hier, weil den Bildern von Gebäuden und Gartenanlagen der Klägerin nicht anzusehen ist, ob sie ohne Genehmigung aufgenommen wurden oder nicht.

Kommentar:

Hinsichtlich des vom BGH aufgegriffenen Urteils des ersten Senats vom 12.05.2010 (Az. I ZR 121/08) „Sommer unseres Lebens“ verweise ich auf meinen Beitrag vom 12.05.2010: blog/2010/05/12/bgh-grundsatzurteil-zur-abmahnung-filesharing-und-offenen-w-lan/