Rechtsnormen: § 69c Nr. 1 UrhG; Art. 5 Abs. 1 2009/24/EG-RL

Mit Beschluss vom 03.02.2011 (Az. I ZR 129/08) hat der BGH entschieden, dem EuGH Fragen zur urheberrechtlichen Zulässigkeit des Vertriebs „gebrauchter“ Softwarelizenzen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin entwickelt Computersoftware und vertreibt ihre Produkte vorwiegend über ein Downloadportal im Internet. Die Klägerin bestimmt in ihren Lizenzverträgen, dass das Nutzungsrecht an den Programmen nicht abtretbar ist. Die Beklagte handelt mit „gebrauchten“ Softwarelizenzen. So bot sie Ende 2005 auch „bereits benutzte“ Lizenzen für Programme der Klägerin unter Verweis auf ein Notartestat an. Das Testat verwies auf eine Bestätigung des ursprünglichen Lizenznehmers, wonach er rechtmäßiger Inhaber der Lizenzen gewesen sei, diese inzwischen aber nicht mehr benutze und den Kaufpreis vollständig bezahlt habe. Nach Erwerb einer „gebrauchten“ Lizenz laden Kunden der Beklagten die entsprechende Software vom Internetportal der Klägerin auf einen Datenträger herunter.

Dadurch, dass die Beklagte die Erwerber „gebrauchter“ Lizenzen dazu veranlasse, die entsprechenden Computerprogramme zu vervielfältigen, sieht die Klägerin ihr Urheberrecht an den Programmen verletzt. Daher nimmt sie die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Nachdem zunächst beide Vorinstanzen (LG München I, Urt. v. 15.03.2007 – Az. 7 O 7061/06, ZUM 2007, 409 = CR 2007, 356; später OLG München, Urt. v. 03.07.2008 – Az. 6 U 2759/07, ZUM 2009, 70 = CR 2008, 551) der Klage stattgegeben hatten, setzt nun der BGH das Revisionsverfahren aus und legt dem EuGH mehrere Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen zur Vorabentscheidung vor.

Der BGH führt in seiner Pressemitteilung 21/2011 vom 03.02.2011 aus: Durch das Herunterladen der Computerprogramme greifen die Kunden in das nach § 69c Nr. 1 UrhG ausschließlich dem Rechtsinhaber zustehende Recht der Beklagten zur Vervielfältigung der Computerprogramme ein. Wegen des Angebots „gebrauchter“ Lizenzen veranlasst die Beklagte ihre Kunden zu diesem Eingriff und kann daher, wenn die Kunden nicht zur Vervielfältigung berechtigt sind, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Weiter führt der BGH aus: Die Kunden der Beklagten können sich allerdings möglicherweise auf die Regelung des § 69d Abs. 1 UrhG berufen, die Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG ins deutsche Recht umsetzt und daher richtlinienkonform auszulegen ist. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms – solange nichts anderes vereinbart ist – nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig ist.

Daher stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen derjenige, der eine „gebrauchte“ Softwarelizenz erworben hat, als „rechtmäßiger Erwerber“ des entsprechenden Computerprogramms anzusehen ist.

Weiter ist zu klären, ob sich das Verbreitungsrecht des Rechtsinhabers erschöpft, wenn ein Computerprogramm mit seiner Zustimmung im Wege der Online-Übermittlung in Verkehr gebracht worden ist.