Rechtsnorm: § 19 GWB

Mit Urteil vom 06.12.2011 (Az. KVR 95/10) hat der BGH entschieden, dass die Frage, ob auf den Märkten für Benzin und Diesel ein marktbeherrschendes Oligopol der Mineralölgesellschaften Shell, Aral/BP, ConocoPhillips (Jet), ExxonMobil/Esso und Total besteht, erneut geprüft werden muss.

Zum Sachverhalt:

Ende 2008 meldete die Total Deutschland GmbH beim Kartellamt an, insgesamt 59 Tankstellen von der Konkurrentin OMV Deutschland GmbH erwerben zu wollen. Nach eigenen Angaben betreibt Total deutschlandweit mehr als 1000 Tankstellen und ist damit viertgrößter Anbieter. Schwerpunktmäßig ist Total in Ostdeutschland tätig. OMV ist hauptsächlich in Süd- und Ostdeutschland vertreten.
Das Bundeskartellamt untersagte die Übernahme mit Beschl. v. 29.04.2009 (Az. B 8-175/08). Die Entscheidung wurde damit begründet, dass bereits jetzt in den vom geplanten Zusammenschluss betroffenen Regionalmärkten Chemnitz, Dresden, Erfurt und Leipzig ein marktbeherrschendes Oligopol der Tankstellenbetreiber Shell, Aral/BP, ConocoPhillips (Jet), ExxonMobil/Esso und Total bestehe. Bei einem Zukauf weiterer 59 Tankstellen durch Total sei von einer Verstärkung dieses Oligopols auszugehen.
Gegen den Beschluss erhob Total das Rechtsmittel der Beschwerde beim OLG Düsseldorf, woraufhin das Gericht die Entscheidung des BKartA aufhob (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04.08.2010 – VI-2 Kart 6/09 (V)).

OMV verkaufte die Tankstellen inzwischen anderweitig. Dennoch wurde dem BGH die Sache als Revisionsinstanz zwecks Überprüfung  der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung durch das BKartA vorgelegt.

Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidung des OLG Düsseldorf nun auf und verwies die Sache an das Beschwerdegericht zurück. Nach Ansicht des Bundesgerichts könne „nicht ausgeschlossen werden, dass auf den maßgeblichen Märkten ein marktbeherrschendes Oligopol besteht, das verstärkt würde, wenn Total weitere 59 Tankstellen in Sachsen und Thüringen erwirbt.“

Weiter führt der BGH aus:

Dabei hat es (das OLG Düsseldorf) aber nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Auf und Ab der Benzinpreise keinen eindeutigen Schluss auf bestehenden Wettbewerb zulässt, sondern vor dem Hintergrund der Marktstruktur, insbesondere des hohen Konzentrationsgrads, der vertikalen Integration der auch Produktionsanlagen und Raffinerien gemeinsam betreibenden Mineralölgesellschaften, der hohen Preistransparenz und der Homogenität des Produkts Benzin, gewürdigt werden muss.
Da wesentliche Sachverhaltsfragen noch nicht geklärt sind, musste die Sache zur neuen Verhandlung an das OLG Düsseldorf zurückverwiesen werden.

Kommentar:

In einem neuen Verfahren hat das OLG Düsseldorf nun zu klären, ob im Bereich der Benzinwirtschaft tatsächlich ein Oligopol, also eine Marktsituation, in der (sehr) wenige Anbieter vielen Nachfragern (und Mitbewerbern) gegenüberstehen,  vorliegt.  Nach Ansicht des BGH kann dies jedenfalls nach aktuellem Kenntnisstand nicht ausgeschlossen werden.