Rechtsnormen: §§ 823, 823; 823, Art. 1 Abs. 1 GG; Art. 5 Abs. 1 GG

Mit Urteil vom 11.12.2012 (Az. VI ZR 314/10) hat der BGH entschieden, dass die Presse den Verlautbarungen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR ein gesteigertes Vertrauen entgegen bringen darf.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger Prof. Dr. Peter Porsch war Professor an der Uni Leipzig und Politiker der „Partei des Demokratischen Sozialismus“ (PDS), der ehemaligen DDR-Staatspartei SED und heutigen „Linkspartei“. Im Rahmen seiner politischen Tätigkeit war er u.a. Fraktionsvorsitzender der PDS im Sächsischen Landtag sowie Spitzenkandidat der Partei für die Landtagswahl am 19.09.2004. Anfang August 2004 berichteten mehrere von der Beklagten verlegten Zeitungen („Sächsische Zeitung“, „Dresdner Morgenpost“ und „Dresdner Morgenpost am Sonntag“) über den Verdacht, Porsch habe langjährig als „IM Christoph“ für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) gearbeitet und dabei insbesondere seine damalige Freundin und jetzige Ehefrau bespitzelt. Auch der beklagte Axel-Springer-Verlag berichtete über seine Zeitungen „Bild“ und „Die Welt“ über den Verdacht. Die Zeitungen beriefen sich in ihren Artikeln auf eine Stellungnahme des Pressesprechers der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR, wonach den gefundenen Unterlagen zweifelsfrei zu entnehmen sei, dass der Kläger als „IM Christoph“ für den Staatssicherheitsdienst tätig gewesen sei.

Durch die Presseveröffentlichungen sieht sich der Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und verklagt die Verlage. Zur Begründung führt er aus, er habe keinerlei Kenntnis von einem für das MfS arbeitenden „IM Christoph“.

Nachdem das erstinstanzliche LG Hamburg (Urt. v. 15.08.2008 – 324 O 774/04; Urt. v. 30.05.2008 – 324 O 18/05) den Klagen überwiegend stattgegeben und auch das OLG Hamburg (Urt. v. 12.10.2010 – 7 U 89/08; Urt. v. 12.10.2010 – 7 U 67/08) die Berufungsanträge abgewiesen hatte, lag die Sache nun dem BGH im Rahmen der Revision zur Entscheidung vor.

Der BGH hob die Berufungsentscheidungen auf und verwies die Sachen zur erneuten Verhandlung an das OLG Hamburg zurück.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist aus den Feststellungen des OLG nicht abzuleiten, dass das von den beklagten Verlagen verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinter dem Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit zurückzutreten habe.

Das Gericht führt im Rahmen seiner Mitteilung vom 11.12.2012 zur Begründung aus (Volltext liegt noch nicht vor):

„Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten nicht bewiesen, dass der Kläger wissentlich und willentlich mit dem Staatssicherheitsdienst zusammengearbeitet habe, sei unvollständig und verstoße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Die von ihm vorgenommene Deutung der in den Akten des MfS verwendeten Begriffe sei weit hergeholt und mit dem natürlichen Sprachempfinden kaum in Einklang zu bringen. Darüber hinaus habe das Berufungsgericht die Anforderungen an die richterliche Überzeugung überspannt. Das Berufungsgericht habe auch zu Unrecht die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung verneint. Es habe insbesondere nicht berücksichtigt, dass die Beklagten der Stellungnahme des Pressesprechers der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR, den gefundenen Unterlagen sei zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Kläger als IM Christoph für den Staatssicherheitsdienst tätig gewesen sei, ein gesteigertes Vertrauen entgegenbringen durften. Bei dem Bundesbeauftragten handele es sich um eine Bundesoberbehörde, der durch Gesetz die Aufgabe zugewiesen ist, die Stasi-Unterlagen auszuwerten und zu archivieren.“