Rechtsnormen: Art. 1 Abs. 1 , Art. 2 Abs. 1 , Art. 5 Abs. 1 GG ; §§ 823 Abs. 1 , 1004 Abs. 1 S. 2 BGB

Mit Urteil vom 25.10.2011 (Az. VI ZR 332/09) hat der BGH entschieden, dass ein ehemaliger Pornodarsteller, der mit einer bekannten Schauspielerin liiert ist, durch eine Presseberichterstattung über seine Tätigkeit in der Pornobranche dann nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt wird, wenn er in den thematisierten Filmen sein Gesicht zu erkennen gibt und sich somit dem Publikum ohne Einschränkung präsentiert.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger ist ehemaliger Pornodarsteller . Er wirkte in insgesamt acht Filmen mit. Unter anderem ist er auch auf dem Cover eines Filmes abgebildet. In allen Filmen ist er nur kurzzeitig zu sehen, allerdings ist sein Gesicht dabei gut erkennbar. Im Abspann und auf den Covern der Filme wird sein bürgerlicher Name nicht genannt. Bei der Verleihung des deutschen Filmpreises 2007 wurde er offiziell als der neue Lebensgefährte einer bekannten Schauspielerin vorgestellt.

Beklagte ist die Verlegerin der Zeitschrift „Auf einen Blick“ . In einer Ausgabe veröffentlichte sie einen Artikel mit der Überschrift „Wenn Frauen zu sehr lieben“ . Unter voller Namensnennung steht dort über den Kläger geschrieben:

 

„Und Fernsehstar …? Was mag sie gefühlt haben, als sie erfuhr, dass ihr neuer Freund … noch vor wenigen Monaten als Pornodarsteller brillierte – ohne Kondom natürlich. Kann es nach einem solchen Vertrauensbruch eine andere Lösung als Trennung geben?“

Der Kläger sieht sich durch die Berichterstattung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und nimmt die Beklagte daher auf Unterlassung einer Berichterstattung sowie auf Freistellung von der Verpflichtung zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch.

Der BGH wies die Klage nun ab.

Nach Ansicht der Bundesrichter habe sich der Kläger im Rahmen seiner Pornodarstellungen dem Publikum bewusst und ohne Einschränkung zu erkennen gegeben. Dies belege auch die Tatsache, dass er sein Gesicht zu erkennen gab. Vorliegend überwiege das öffentliche Informationsinteresse gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers.

Das Gericht führt u.a. zur Begründung aus:

„Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts trägt die angegriffene Textpassage nicht eine private Nebenbeschäftigung des Klägers in die Öffentlichkeit. Die in dem Artikel beschriebene Mitwirkung des Klägers an der Produktion professionell hergestellter und kommerziell zu verwertender Pornofilme ist nicht der privaten Lebensgestaltung , also dem der Öffentlichkeit abgewandten Bereich, sondern der Sozialsphäre zuzurechnen . Die beanstandeten Äußerungen befassen sich zwar mit der Lebensführung des Klägers, allerdings nur im Hinblick auf Verhaltensweisen, die erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet waren und in diese ausstrahlten und nur insoweit, als er sie durch sein eigenes Verhalten zurechenbar in einen die Privatsphäre überschreitenden Rahmen gerückt hat.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Kläger in allen Pornofilmen , in denen er mitgewirkt hat, jeweils für kurze Zeit im Bild zu sehen und mit dem Gesicht erkennbar . Er hat nicht nur an Massenszenen gleich einem Statisten mitgewirkt, sondern ist auch in Szenen mit nur einer oder bis zu drei weiteren Personen zu sehen. Dies wird anschaulich durch den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Screenshot dokumentiert, der den Kläger gut erkennbar, ohne Gesichtsmaske oder in sonstiger Weise anonymisiert – aktiv im Zentrum des Geschehens und im Mittelpunkt des Bildes zeigt (so bereits KG, Urteil vom 18. Juli 2008 – 9 U 131/07, aaO). Darüber hinaus ist der Kläger auf dem Cover eines der Filme abgebildet. Bei dieser Sachlage ist der Wertung des Berufungsgerichts, der Kläger sei in den Filmen nicht als Person, sondern lediglich als anonymer austauschbarer Körper aufgetreten, nicht zu folgen. Hiervon könnte man allenfalls dann ausgehen, wenn der Kläger Maßnahmen zum Schutz vor seiner Identifizierung getroffen, d. h. beispielsweise eine Gesichtsmaske getragen hätte. Dies ist vorliegend aber gerade nicht der Fall. Ein Darsteller in einem Pornofilm, der sich dem Publikum ohne jede Einschränkung präsentiert und sein Gesicht erkennen lässt, kann aber nicht auf einen namen- und identitätslosen Körper reduziert werden. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger in den Filmen namentlich nicht benannt wird. Denn durch die Abbildung seiner Person, vor allem seines Gesichts ist er identifizierbar (vgl. KG, Urteil vom 18. Juli 2008 – 9 U 131/07, aaO unter II. 3. a) aa) (4)).

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Mitwirkung des Klägers in den Pornofilmen auch nicht deshalb der Privatsphäre zuzuordnen, weil es sich hierbei um eine bloße Nebentätigkeit des hauptberuflich als Bildhauer tätigen Klägers handle. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Tätigkeit des Klägers nicht in dem öffentlichkeitsabgewandten Bereich privater Lebensgestaltung vollzog, sondern erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet war . Der Kläger hat sich bewusst und gewollt der Öffentlichkeit als Pornodarsteller präsentiert. Professionell hergestellte und kommerziell zu verwertende Pornofilme wie diejenigen, an denen der Kläger mitgewirkt hat, sind gerade dazu bestimmt, von der interessierten Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen zu werden. Darüber hinaus hat sich der Kläger in diesem Zusammenhang werblich vereinnahmen lassen, indem er sich auf dem Cover eines der Filme hat abbilden lassen.