Rechtsnormen: §§ 24 Abs. 1, 85 Abs. 1 UrhG; Art. 5 Abs. 3 GG

Mit Urteil vom 13.12.2012 (Az. I ZR 182/11) hat der BGH entschieden, dass die freie Benutzung einer auf einem fremdem Tonträger aufgezeichneten Rhythmussequenz für eigene Zwecke dann unzulässig ist, wenn es einem (durchschnittlichen) Musikproduzenten möglich ist, eine gleichwertige Tonaufnahme selbst herzustellen.

Zum Sachverhalt:

Die Musikgruppe „Kraftwerk“ veröffentlichte 1977 einen Tonträger, auf dem sich u.a. das Stück „Metall auf Metall“ befindet. Im Jahr 1997 wurden zwei Tonträger veröffentlicht, auf denen sich das von den beiden Komponisten Moses Pelham und Martin Haas und der Sängerin Sabrina Setlur eingespielte Stück „Nur mir“ in zwei unterschiedlichen Versionen befindet. „Kraftwerk“ verklagte nun die Komponisten des 1997 veröffentlichen Liedes „Nur mir“. Nach Ansicht der Kläger sei durch die Beklagten eine zwei Sekunden lange Rhythmussequenz des Stücks „Metall auf Metall“ gesamplet (elektronisch kopiert) und dem neuen Titel „Nur mir“ in fortlaufender Wiederholung unterlegt worden. Den Beklagten sei es aber möglich gewesen, die übernommene Sequenz selbst einzuspielen. Hierdurch seien sie (die Kläger) in ihren Rechten als Tonträgerhersteller verletzt worden.

Nachdem das erstinstanzliche LG Hamburg (Urt. v. 08.10.2004 – 308 O 90/99) der Klage antragsgemäß stattgegeben und das Berufungsgericht die Berufung zurückgewiesen hatte (OLG Hamburg, 07.06.2006 – 5 U 48/05), hob der BGH im Revisionsverfahren das Urteil auf und verwies die Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung zurück (BGH, 20.11.2008 – I ZR 112/06). Das OLG Hamburg bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung des LG Hamburg im wiedereröffneten Berufungsverfahren erneut (OLG Hamburg, 17.08.2011 – 5 U 48/05), allerdings legten die Komponisten Pelham und Haas abermals das Rechtsmittel der Revision zum BGH ein.

Nun beendete der BGH dieses langjährige Verfahren durch eine Zurückweisung der Berufung.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs griffen die Beklagten dadurch, dass sie im Wege des Samplings zwei Takte einer Rhythmussequenz des Titels „Metall auf Metall“ entnommen und diese dem Stück „Nur mir“ unterlegt haben, unberechtigt in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger ein.

Der BGH führt in seiner Pressemitteilung vom 13.12.2012 aus (Volltext liegt noch nicht vor):

„Die Beklagten könnten sich nicht mit Erfolg auf das Recht zur freien Benutzung (§ 24 Abs. 1 UrhG) berufen. Zwar könne in entsprechender Anwendung dieser Bestimmung auch die Benutzung fremder Tonträger ohne Zustimmung des Berechtigten erlaubt sein, wenn das neue Werk zu der aus dem benutzten Tonträger entlehnten Tönen oder Klängen einen so großen Abstand hält, dass es als selbstständig anzusehen ist. Eine freie Benutzung sei nach der Rechtsprechung des BGH allerdings ausgeschlossen, wenn es möglich ist, die auf dem Tonträger aufgezeichnete Tonfolge selbst einzuspielen. In diesem Fall gebe es für einen Eingriff in die unternehmerische Leistung des Tonträgerherstellers keine Rechtfertigung. Auch aus der von Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Kunstfreiheit lasse sich in einem solchen Fall kein Recht ableiten, die Tonaufnahme ohne Einwilligung des Tonträgerherstellers zu nutzen. Das Berufungsgericht sei mit Recht davon ausgegangen, dass zur Beurteilung der Frage, ob es möglich ist, eine Tonfolge selbst einzuspielen; darauf abzustellen sei, ob es einem durchschnittlich ausgestatteten und befähigten Musikproduzenten zum Zeitpunkt der Benutzung der fremden Tonaufnahme möglich ist, eine eigene Tonaufnahme herzustellen, die dem Original bei einer Verwendung im selben musikalischen Zusammenhang aus Sicht des angesprochenen Verkehrs gleichwertig ist. Das Berufungsgericht habe ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Beklagten nach diesen Maßstäben in der Lage gewesen wären, die aus „Metall auf Metall“ entnommene Sequenz selbst einzuspielen.“

Kommentar:

Nach knapp zehn Jahren Verfahrensdauer wurde der Rechtsstreit nun durch ein das OLG Hamburg bestätigendes Urteil des BGH beendet. Die Entscheidung des OLG Hamburg vom 17.08.2011 habe ich in einem Blog-Beitrag besprochen, der hier abrufbar ist.