Rechtsnormen: §§ 19a, 72 UrhG; §§ 7, 8, 10 TMG

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 12.11.2009 (Az. I ZR 166/07) entschieden:

Der Betreiber eines Internetportals, in das Dritte für die Öffentlichkeit bestimmte Inhalte (hier: Rezepte) stellen können, haftet für diese Inhalte nach den allgemeinen Vorschriften, wenn er die eingestellten Inhalte vor ihrer Freischaltung auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft und sie sich damit zu Eigen macht. Dies gilt auch dann, wenn für die Nutzer des Internetportals erkennbar ist, dass die Inhalte (ursprünglich) nicht vom Betreiber, sondern von Dritten stammen. Ein Hinweis darauf, dass sich der Portalbetreiber die Inhalte zu Eigen macht, liegt auch darin, dass er sich umfassende Nutzungsrechte an den fremden Inhalten einräumen lässt und Dritten anbietet, diese Inhalte kommerziell zu nutzen.

(Leitsatz des Gerichts)

Zum Sachverhalt:

Der Kläger erstellt Photos von Speisen, die zusammen mit den entsprechenden Rezepten unter der Internetadresse marions-kochbuch.de kostenlos abgerufen werden können. Auch die Beklagte bietet im Internet (www.chefkoch.de) Rezeptsammlung zur kostenlosen Abrufung an.

Die Inhalte dieser Datenbanken stammen zu einem erheblichen Teil von Privatpersonen, die diese Datenbank nach Eingabe Ihrer persönlichen Daten (Name, Anschrift, E-Mail-Adresse) nutzen. Vor der Freischaltung werden die Rezepte und möglicherweise hochgeladene Photos redaktionell von der Beklagten überprüft und erscheinen schließlich sowohl online als auch im Ausdruck unter dem Seiten-Emblem der Beklagten. Die Rezepteinsender werden lediglich mit ihrem Alias benannt und sind für Dritte nicht näher identifizierbar. Die Beklagte lässt sich zusätzlich von den Nutzern im Wege ihrer AGBs weitreichende Nutzungsrechte an den veröffentlichten Rezepten einräumen. So werden die von den Nutzern hochgeladenen Texte und Bilder auch Dritten zur weiteren kommerziellen Verwertung angeboten. Da einige Nutzer Photographien des Klägers verwendeten, verlangt dieser nun von den Geschäftsführern der Beklagten Unterlassung und Schadensersatz wegen Urheberrechtsverletzung. In allen Vorinstanzen war die Klage erfolgreich. Nun bejaht auch der BGH eine Verletzung des klägerischen Verwertungsrechts aus §§ 72, 19a UrhG. Entscheidend sei hierbei, dass die Beklagte die nichteigenen Inhalte vor der Freischaltung kontrolliere und erst nach erfolgter Inhaltskontrolle in ihr eigenes Angebot übernehme. Sie veröffentliche die Rezepte und Bilder schließlich unter ihrem Emblem und kommerzialisiere diese. Wegen fehlender inhaltlicher Distanz, sei es unerheblich, dass weiterhin erkennbar sei, dass die Daten ursprünglich von Dritten eingegeben worden seien. Hierzu führt das Gericht aus:

„Da die Beklagte die Abbildungen des Klägers im Internet als eigene Inhalte verbreitet hat, haftet sie dafür gemäß § 7 Abs. 1 TMG bzw. § 8 Abs. 1 TDG nach den allgemeinen Vorschriften. Die Beklagte hat das Leistungsschutzrecht des Klägers aus § 72 Abs. 1, § 19a UrhG verletzt, indem sie seine Fotografien ohne seine Zustimmung auf ihrer Internetseite öffentlich zugänglich gemacht hat. Die Beklagte zu 1 hat sich nicht darauf beschränkt, nur die technischen Mittel zur Verfügung zu stellen, um das Werk einer Öffentlichkeit mitzuteilen (…). Sie überlässt ihren Kunden nicht lediglich ohne Kontrolle Speicherplatz für deren Inhalte. Indem sie sich die Abbildungen des Klägers zu eigen gemacht hat, liegt eine eigene Werknutzung durch die Beklagte vor. Die Veröffentlichung urheberrechtlich geschützter Inhalte im Internet ist eine Werknutzung durch denjenigen, dem die Veröffentlichung als eigener Inhalt zuzurechnen ist. Insbesondere ist Werknutzer, wer wie die Beklagte von Internetnutzern hochgeladene Inhalte erst nach einer Kontrolle freischaltet und dann zum Abruf bereithält. (…) hat die Beklagte die Kochrezepte nebst Fotos erst auf ihrer Internetseite freigeschaltet, nachdem sie die Rezepte auf Richtigkeit und Vollständigkeit und die Lichtbilder auf eine professionelle Anfertigung überprüft hatte. (…) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht im Streitfall die Voraussetzungen für einen Wegfall der Wiederholungsgefahr durch die abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärungen verneint.“

Kommentar:

Der BGH stellt mit vorliegendem Urteil fest, dass Betreiber von Internetseiten i.d.R. dann unmittelbar für von Nutzern eingestellte Inhalte verantwortlich sind, wenn sie diese zunächst inhaltlich prüfen und sich dann wirtschaftlich zu eigen machen. Auch ohne positive Kenntnis einer konkreten Rechtsverletzung haften sie für fremde rechtsverletzende Inhalte auf Unterlassung.