Rechtsnormen: §§ 164 ff. BGB

Mit Urteil vom 11.05.2011 (Az. VIII ZR 289/09) hat der BGH die Frage beantwortet, unter welchen Voraussetzungen der Inhaber eines eBay-Mitgliedskontos vertraglich für Erklärungen haftet, die ein Dritter unter unbefugter Verwendung dieses Mitgliedskontos abgegeben hat. Das Gericht entschied, dass auch bei Internetauktionen die Regeln des allgemeinen Teils des Bürgerlichen Gesetzbuches zum Stellvertretungsrechts Anwendung finden. So hat allein die unsorgfältige Verwahrung der Kontaktdaten eines eBay-Mitgliedskontos noch nicht zur Folge, dass der Inhaber des Kontos sich die von einem Dritten unter unbefugter Verwendung dieses Kontos abgegebenen Erklärungen zurechnen lassen muss.

Zum Sachverhalt:

Die Beklagte unterhielt ein passwortgeschütztes Mitgliedskonto bei eBay. Anfang 2008 wurde dieses Konto ohne Wissen der Inhaberin von deren Ehemann zum Auktionsverkauf einer kompletten Gastronomieeinrichtung genutzt. Das Mobiliar wurde mit einem Startpreis von einem Euro zum Verkauf angeboten; zeitnah gab der Kläger ein Maximalgebot von 1000 Euro ab.

Noch vor angesetztem Auktionsende (1 Tag nach Abgabe des Gebots des Klägers) brach die Beklagte die Auktion durch Rücknahme des Angebots ab. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger Höchstbietender, woraufhin er die Beklagte zur Eigentumsverschaffung an der Gastronomieeinrichtung Zug um Zug gegen Zahlung von 1.000 Euro unter Setzung einer angemessenen Frist aufforderte. Er bezifferte den Wert der „ersteigerten“ Einrichtung auf 33.820 Euro. Nach Fristablauf verlangt er Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Höhe von 32.820 Euro.

Vorliegend war insbesondere streitig, ob das Angebot über eine Gastronomieeinrichtung von der Beklagten oder ohne deren Beteiligung und Wissen von ihrem Ehemann auf der Internetplattform von eBay eingestellt worden ist.

In § 2 Ziffer 9 der eBay-AGB steht:

„Mitglieder haften grundsätzlich für sämtliche Aktivitäten, die unter Verwendung ihres Mitgliedskontos vorgenommen werden.“

Nachdem zunächst das erstinstanzliche LG Dortmund die Klage abgewiesen und die Berufungsinstanz (OLG Hamm) die Vorinstanz bestätigt hatte, bestätigte nun auch abschließend der BGH die bisherigen Urteile.
Nach Ansicht der Bundesrichter sind auch bei Internet-Geschäften die Regeln des (allgemeinen) Stellvertretungsrechts anwendbar, wenn durch die Nutzung eines fremden Namens beim Geschäftspartner der Anschein erweckt wird, es solle mit dem Namensträger ein Geschäft abgeschlossen werden.

In seiner Pressemitteilung Nr. 84/2011 vom 11.05.2011 führt das Gericht zu den Gründen aus:

Erklärungen, die unter dem Namen eines anderen abgegeben worden sind, verpflichten den Namensträger daher (in Anwendung des allgemeinen Stellvertretungsrechts) nur, wenn sie in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht erfolgen oder vom Namensträger nachträglich genehmigt worden sind oder wenn die Grundsätze über die Duldungs- oder die Anscheinsvollmacht eingreifen. Hingegen hat allein die unsorgfältige Verwahrung der Kontaktdaten eines eBay-Mitgliedskontos noch nicht zur Folge, dass der Inhaber des Kontos sich die von einem Dritten unter unbefugter Verwendung dieses Kontos abgegebenen Erklärungen zurechnen lassen muss. Eine Zurechnung fremder Erklärungen an den Kontoinhaber ergibt sich auch nicht aus § 2 Ziffer 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay. Da diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen jeweils nur zwischen eBay und dem Inhaber des Mitgliedskontos vereinbart sind, haben sie keine unmittelbare Geltung zwischen dem Anbieter und dem Bieter. Ausgehend hiervon war vorliegend zwischen den Parteien kein Kaufvertrag über die Gastronomieeinrichtung zustande gekommen.

Kommentar:

Im vorliegenden Sachverhalt liegt also kein Kaufvertrag zwischen der Inhaberin des eBay-Mitgliedskontos und dem Bieter vor. Möglicherweise kann der Kläger aber nun Ansprüche gegen den Ehemann, der die Auktion ohne den Willen des Kontoinhabers einstellte, geltend machen.