Rechtsnormen: Art. 340 AEUV; Art. 2 lit. e, 5 Abs. 2 lit. b RL 2001/29/EG; §§ 87 Abs. 4, 54 UrhG; §§ 543, 544 ZPO

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 24.06.2010 (Az. III ZR 140/09 (KG)) entschieden, dass der Ausschluss der Sendeunternehmen nach § 87 Abs. 4 UrhG vom Vergütungsaufkommen der Geräte- und Leerträgervergütung (§ 54 Abs. 1 UrhG) keinen qualifizierten Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2001/29/EG im Sinne des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs darstellt. (bearbeiteter Leitsatz des Gerichts)

Zum Sachverhalt:

Es klagte die Interessenvertreterin privater Sendeunternehmen (VG Media). Nach § 87 Abs. 4 UrhG werden Sendeunternehmen anders als Inhaber anderer Leistungsschutzrechte nicht am Vergütungsaufkommen der Geräte- und Speichermedienabgabe aus § 54 Abs. 1 UrhG beteiligt. Hierin sieht die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.05.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft („Info-RL“). In diesem Zusammenhang macht sie gegen die beklagte Bundesrepublik Deutschland staatshaftungsrechtliche Schadenersatzansprüche in Höhe von zuletzt 87,6 Mio. Euro wegen fehlerhafter Umsetzung der Info-RL geltend. Nachdem die Vorinstanzen die Klagen jeweils abwiesen, begehrt die VG Media mit ihrer vorliegenden Beschwerde zum BGH die Zulassung der Revision, um eine Vorabentscheidung des EuGH zu erreichen.

Mit seinem Beschluss vom 24.06.2010 weist der BGH die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin nun als unbegründet ab, da kein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen die Info-RL vorliege, die für einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch unabdingbar sei. Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung des EuGH obliege diese Beurteilung den nationalen Gerichten, die die Prüfung anhand vom EuGH vorgegebener Kriterien durchzuführen haben.

Das Gericht führt näher aus:

Aus den von der Beschwerde überreichten Schlussanträgen der Generalanwältin in der Rechtssache C-467/08 ergeben sich keine Gesichtspunkte, die die Annahme eines qualifizierten Verstoßes der Beklagten gegen Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie begründen würden. Dass der Begriff „gerechter Ausgleich“ als autonomer Begriff des Unionsrechts anzusehen ist, der in allen Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen und innerhalb der vom Unionsrecht und der Richtlinie gezogenen Grenzen umzusetzen ist, hat die deutsche Regierung in dem angeführten Verfahren selbst so gesehen. Auch der Senat unterstellt dies bei der hier vorzunehmenden Beurteilung. Der Senat legt seiner Entscheidung ferner zugrunde, dass die Richtlinie in Art. 5 Abs. 2 die Sicherstellung eines finanziellen Ausgleichs zwischen den Urhebern und Nutzern als Ergebnis vorgibt, wenn der Mitgliedstaat Ausnahmen oder Beschränkungen des Vervielfältigungsrechts nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie vorsehen möchte, und dass der gerechte Ausgleich im Wege einer Abwägung der Interessen der Rechtsinhaber und Nutzer erreicht werden muss. Daraus folgt jedoch nicht, wie die Beschwerde meint, dass der in dem Erwägungsgrund 31 genannte Grundsatz eines angemessenen Rechts- und Interessenausgleichs zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern keinerlei Rolle spielen würde. Hierzu Stellung zu nehmen, hatte die Generalanwältin im Hinblick auf die gestellten Vorlagefragen keinen Anlass, und es ist auch nicht zu erwarten, dass sich der Gerichtshof in der anstehenden Entscheidung dazu äußern wird.