Rechtsnormen: § 305c Abs. 1, § 310 BGB

Mit Urteil vom 26.07.2012 (Az. VII ZR 262/11) hat der BGH entschieden, dass die Entgeltklausel in einem Antragsformular zwecks Eintragung in ein online-Branchenverzeichnis wegen des überraschenden Charakters keine Gültigkeit hat.

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin betreibt ein online-Branchenverzeichnis. Zwecks Gewinnung neuer Einträge übersendet die sie Gewerbetreibenden ein Formular mit der Bezeichnung „Eintragungsantrag Gewerbedatenbank…“.

Dem Formular sind auf der linken Seite unterhalb der (unterstrichenen) Aufforderung „Bitte ggf. streichen/korrigieren“ mehrere Zeilen zu entnehmen, die gezielt für Unternehmensdaten vorgesehen sind (Firma, Straße, Postleitzahl, Ort, Geschäftsführer, Branche, Telefon/Fax). Eine umrahmte Längsspalte, die nachfolgenden Text beinhaltet, lässt sich auf der rechten Seite des Formular-Blatts finden, wobei die erste und letzte Zeile („Hinweise zum …“ und „Hinweis nach …“) durch fette Schrift hervorgehoben sind:

„Hinweise zum Ersteintragungsantrag, Leistungsbeschreibung sowie Vertragsbedingungen, Vergütungshinweis sowie Hinweis nach § 33 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz):

Sehr geehrte Damen und Herren, die Aufnahme in unser gewerblich geführtes Verzeichnis erfolgt erst nach Rücksendung des Formulars. Wir bieten Ihnen die Veröffentlichung Ihrer nebenstehenden Daten in unserem Branchenverzeichnis www.g…org im Internet gemäß umseitiger Nr. 4 AGB gegen Entgelt an. Vertragslaufzeit zwei Jahre, die Kosten betragen 650 Euro netto pro Jahr. Die umseitigen AGB sind fester Bestandteil Ihres nebenstehenden Antrags. Die gesetzlichen Veröffentlichungspflichten Ihrer Daten sind von diesem Angebot nicht berührt. Es besteht zwischen uns aktuell keine Geschäftsbeziehung, es besteht keine Verpflichtung zur Rücksendung des Antrags. Der Auftrag zur Eintragung gilt durch Rücksendung als unwiderruflich erteilt. Beachten Sie, dass nach Erteilung des Auftrages kein Rücktritt mehr möglich ist. Vollständige Anbieterkennzeichnung nach § 35a GmbHG umseitig.

Hinweis nach § 33 BDSG: Beteiligtendaten werden gespeichert. Dieses Schreiben wurde aus Kostengründen maschinell erstellt und trägt keine Unterschrift.“

Die Geschäftsführung des beklagten Unternehmens füllte das ihm ohne sein Dazutun zugesandte Schreiben aus und sandte es zeitnah zurück, woraufhin die Klägerin das Unternehmen in das online-Verzeichnis einfügte und zum 30.10.2010 eine Rechnung iHv EUR 773,50 stellte.

Die Klägerin reichte nach erfolgloser Mahnung Klage auf Zahlung beim zuständigen Amtsgericht Recklinghausen ein. Das Amtsgericht sowie auch im Berufungsverfahren das LG Bochum wiesen die Klage ab.

Im Revisionsverfahren bestätigte nun der BGH die Entscheidungen der Vorinstanzen und lehnte einen Werklohnanspruch der Klägerin ab.

Zur Begründung führt das Gericht aus:

„Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die von der Klägerin verwendete formularmäßige Entgeltabrede wegen ihres überraschenden Charakters nicht Vertragsbestandteil geworden ist (§ 305c Abs. 1 BGB).

1. Nach dieser Vorschrift, die auch gegenüber Unternehmern Anwendung findet (§ 310 BGB), werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Überraschenden Inhalt hat eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (…).

2. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Auch ein gewerblicher Vertragspartner, der der Klägerin mittels des von ihr verwendeten Formulars einen Eintragungsauftrag erteilt, braucht mit einer Entgeltabrede dieser Art nicht zu rechnen. Die Revision weist ohne Erfolg darauf hin, dass bereits in der Überschrift der schmalen rechten Spalte von einem „Vergütungshinweis“ die Rede sei und Vertragskosten und -laufzeit im Text der Längsspalte vorgestellt würden.

Das Berufungsgericht geht von der Revision unbeanstandet davon aus, dass Eintragungen in Branchenverzeichnisse im Internet zwar nicht generell, aber in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten werden. Die berechtigte Kundenerwartung wird in der vorliegenden Fallgestaltung nicht hinreichend deutlich korrigiert. Die Bezeichnung des Formulars als „Eintragungsantrag Gewerbedatenbank“ macht nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handelt. Der Hinweis auf die Vergütungspflicht in der Längsspalte geht im ihn umgebenden Fließtext unter. Das gilt bereits für den Begriff „Vergütungshinweis“ in der Überschrift und erst recht für die Höhe der Vergütung und die Laufzeit des Vertrags. Die Aufmerksamkeit auch des gewerblichen Adressaten wird durch Hervorhebung im Fettdruck und Gestaltung auf die linke Spalte gelenkt. Die in der Längsspalte mitge-11 teilte Entgeltpflicht ist demgegenüber drucktechnisch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den durchschnittlich aufmerksamen gewerblichen Adressaten nicht zu erwarten ist.

Dementsprechend haben die Berufungsgerichte in vergleichbaren Fallgestaltungen entschieden, dass Entgeltklauseln, die nach der drucktechnischen Gestaltung eines Formulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt sind, dass sie von dem Vertragspartner des Verwenders nicht vermutet werden, nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil werden (LG Rostock, NJW-RR 2008, 1450; LG Flensburg, NJOZ 2011, 1173 mit Anmerkung Schöttler, jurisPR-ITR 14/2011 Anm. 4; zu „versteckten“ Entgeltklauseln siehe auch LG Saarbrücken, NJW-RR 2002, 915; LG Düsseldorf, NJOZ 2009, 391; LG Berlin, NJW-RR 2012, 424). (…)

4. Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag grundsätzlich nach § 306 Abs. 1 BGB im Übrigen wirksam und sein Inhalt richtet sich gemäß § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften. Zutreffend und unangegriffen geht das Berufungsgericht insoweit davon aus, dass die Herstellung des Werkes den Umständen nach nicht nur gegen eine Vergütung zu erwarten war (§ 632 Abs. 1 BGB), so dass ein Werklohnanspruch auch auf dieser Grundlage nicht besteht.“

Praxishinweis: In derartige Angebotsfallen tappen Mandanten immer wieder, was aufgrund der geschickten, versteckten Formulierung auch nicht verwundert. Es ist sogar denkbar, bereits zu Unrecht gezahlte Beträge zurückzufordern oder sogar einzuklagen. Manchmal bemerkt erst der Steuerberater, dass mit der Angelegenheit etwas nicht stimmt.