Rechtsnormen: § 357 BGB aF; Art. 6 der Richtlinie 97/7/EG (Fernabsatz-Richtlinie)
Mit Urteil vom 03.11.2010 (Az. VIII ZR 337/09) hat der BGH hinsichtlich einer Wertersatzpflicht eines Verbrauchers bei Widerruf eines Fernabsatzvertrages entschieden, dass der Käufer trotz des möglicherweise eingetretenen Wertverlusts den vollen Kaufpreis zurückverlangen kann.
Der Verbraucher soll nach Art. 6 der Richtlinie 97/7/EG (Fernabsatz-Richtlinie) und der sie umsetzenden deutschen Regelung grundsätzlich Gelegenheit haben, die durch Vertragsabschluss im Fernabsatz gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren, weil er die Ware vor Abschluss des Vertrags nicht sehen konnte. (so BGH-Pressemitteilung Nr. 210/2010)
Zum Sachverhalt:
Mitte 2008 wurde via E-Mail ein Kaufvertrag über ein Wasserbett zum Preis von EUR 1265,- geschlossen. Dem Kläger ging das Kaufpreisangebot des Beklagten, der Wasserbetten über das Internet anbietet, per E-Mail mit angehängtem pdf-Dokument zu. Die E-Mail enthält eine Widerrufsbelehrung, u.a. heißt es in der E-Mail auch:
„Im Hinblick auf die o. g. Widerrufsbelehrung weisen wir ergänzend darauf hin, dass durch das Befüllen der Matratze des Wasserbettes regelmäßig eine Verschlechterung eintritt, da das Bett nicht mehr als neuwertig zu veräußern ist.“
Gegen Barzahlung wurde das Bett dem Käufer zugestellt. Nachdem der Käufer das Bett aufgebaut und mit Wasser befüllt hatte, machte er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch. Nach Abholung des Wasserbetts forderte der Käufer vollständige Rückzahlung des Kaufpreises. Allerdings verwies der Käufer auf genannte Klausel und erstattete lediglich EUR 258,-. Er machte in diesem Zusammenhang geltend, das Bett sei so nicht weiter zu verkaufen, lediglich die Heizung mit einem Gegenwert von EUR 258,- sei weiter verwertbar.
Nachdem das Amtsgericht der Klage auf Rückzahlung des restlichen Kaufpreises iHv EUR 1007,-gerichteten Klage stattgegeben hatte, wies auch das Landgericht die Berufung des Verkäufers zurück. Nun bestätigte abschließend der BGH die Rechtsprechung der Vorinstanzen.
Der achte BGH-Zivilsenat entschied nun, dass der Käufer trotz des möglicherweise eingetretenen Wertverlusts den vollen Kaufpreis zurückverlangen kann, da er die Ware nur geprüft hat.
In seiner Pressemitteilung Nr. 210/2010 vom 03.11.2010 führt der BGH weiter aus:
Ein fristgerecht erklärter Widerspruch des Verbrauchers beim Fernabsatzvertrag hat zur Folge, dass die empfangenen Leistungen von den Vertragsparteien zurückzugewähren sind. Soweit der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist, muss der Schuldner statt der Rückgabe Wertersatz leisten. Dabei muss der Verbraucher nach § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB auch Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Die Wertersatzpflicht besteht jedoch nach § 357 Abs. 3 Satz 2 BGB [aF; jetzt Satz 3] dann nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist. Letzteres war vorliegend der Fall. Der Aufbau des Betts und die Befüllung der Matratze mit Wasser stellen lediglich eine Prüfung der Sache dar.
Der Verbraucher soll nach Art. 6 der Richtlinie 97/7/EG (Fernabsatz-Richtlinie) und der sie umsetzenden deutschen Regelung grundsätzlich Gelegenheit haben, die durch Vertragsabschluss im Fernabsatz gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren, weil er die Ware vor Abschluss des Vertrags nicht sehen konnte. Dies schließt die Ingebrauchnahme ein, soweit sie zu Prüfzwecken erforderlich ist, selbst wenn sie zu einer Wertminderung der Ware führt.