Rechtsnormen: Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG; § 4 Nr. 11 UWG

Mit Urteil vom 15.12.2011 (Az. I ZR 129/10) hat der BGH entschieden, dass die Verteilung der Werbesendung „Einkauf Aktuell“ durch die Deutsche Post AG nicht dadurch wettbewerbsrechtlich zu beanstanden ist, dass sie redaktionelle Beiträge enthält.

Zum Sachverhalt:

Der Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter klagt gegen die Deutsche Post AG, die über ihre Zusteller hauptsächlich in Ballungsgebieten wöchentlich die mit redaktionellen Beiträgen versehene Werbesendung „Einkauf Aktuell“ verteilen lässt. Die Klägerin erkennt einen Verstoß der Post gegen das Gebot der Staatsferne der Presse und stützt ihre Klage darauf, dass mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die einen Aktienanteil von 30,5 % an der Post besitzt und damit größter Einzelaktionär ist, ein Staatsunternehmen die Sendung herausgebe.

Nachdem das erstinstanzliche LG Hamburg (Urt. v. 06.11.2008 – 315 O 136/08) und im Berufungsverfahren auch das OLG Hamburg (Urt. v. 09.06.2010 – 5 U 259/08) die Klage abgewiesen hatten, bestätigte nun der BGH die vorherigen Entscheidungen.

Nach Ansicht der Bundesrichter sei das aus der Pressefreiheit abgeleitete Gebot der Staatsferne der Presse nicht auf die Deutsche Post AG einschlägig, da sie nicht vom Bund und den Ländern beherrscht werde.

Im Rahmen der Presseerklärung 198/2011 führt das Gericht zu den Entscheidungsgründen weiter aus:

„Zwar darf sich der Staat weder selbst noch über von ihm beherrschte Gesellschaften als Presseunternehmen betätigen. Die hier durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau vermittelte staatliche Beteiligung von 30,5% reicht aber für eine solche Beherrschung der Deutschen Post nicht aus. In der Hauptversammlung waren in den vergangenen Jahren immer mindestens 67% der stimmberechtigten Anteilseigner vertreten, so dass die staatliche Beteiligung niemals über die Hauptversammlungsmehrheit verfügte. Auch die weiteren von den Klägern vorgetragenen Indizien wie ein möglicher Einfluss auf Personalentscheidungen oder den Verkauf der Postbank können die Annahme einer Beherrschung nicht begründen.“

Bereits das LG Hamburg führte zur Begründung aus:
„Hinzu tritt, dass die Zuordnung der Beklagten zur staatlichen Sphäre allenfalls mittelbar erfolgt. So verweisen die Kläger darauf, dass die KfW trotz ihres insgesamt geringen Anteils von 30,5 % auf Grund der durchschnittlichen Hauptverhandlungspräsenz eine sichere Hauptverhandlungsmehrheit besitze und deshalb in der Lage sei, auf die Beklagte Einfluss zu nehmen. Dies zeigt zwar, dass auf Grund der Aktionärsstruktur die KfW auf die Beklagte Einfluss nehmen kann. Dies heißt umgekehrt aber nicht, dass die Beklagte deswegen ein staatliches Unternehmen ist bzw. der staatlichen Sphäre zugerechnet werden muss. Die Kammer vermag auch nicht zu erkennen, wie der durch Teile der Presse vermittelte Eindruck, die Bundeskanzlerin habe unmittelbaren Einfluss auf die Beklagte, eine Grundrechtsbindung der Beklagten zu begründen vermag. Es mag zutreffen, dass »der Staat«, vermittelt durch die KfW als größtem Anteilseigner, faktischen Einfluss auf die Beklagte hat. Dies führt indes nicht dazu, dass die Beklagte wie bzw. als ein Träger hoheitlicher Gewalt an die Grundrechte gebunden ist. Ob Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auch eine Marktverhaltensregel ist, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen. Die Kläger sind bei der von der Kammer vertretenen Auffassung nicht schutzlos gestellt. Denn es bleibt die Verpflichtung der öffentlichen Anteilseigner der Beklagten, ihre mit den Anteilen verbundenen Einwirkungsrechte unter Beachtung der Grundrechte – damit auch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG – auszuüben (vgl. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, 4. Aufl. 1999, Art. 1 Rn. 199). Ein entsprechender Anspruch von Wettbewerbern ist aber nicht vor dem Zivilgericht, sondern vor dem Verwaltungsgericht durchzusetzen und dann auch nicht gegen die hiesige Beklagte, sondern ggf. gegen die KfW als an die Grundrechte gebundenem öffentlichem Anteilseigner.“
Kommentar:

In einem anderen Verfahren hat das LG Lüneburg (Urt. v. 30.09.2011 – 4 S 44/11) kürzlich entschieden, dass die Deutsche Post AG die Werbesendung „Einkauf Aktuell“ nicht mehr an Empfänger verteilen darf, die vorher eine Zustellung ausdrücklich untersagten. Das LG erkennt hierin eine unzumutbare Belästigung gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG