Rechtsnorm: § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG

Mit Urteil vom 05.05.2011 (Az. I ZR 157/09) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Handel mit Markenparfümimitaten nicht als unlautere vergleichende Werbung nach § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG untersagt werden kann, wenn keine klare und deutliche Imitationsbehauptung erfolgt, sondern lediglich Assoziationen an die Originale geweckt werden.

Zum Sachverhalt:

Es klagte eine Händlerin hochpreisiger Parfüms bekannter Marken (Klägerin) gegen Händler, die im Internet unter der Marke „Creation Lamis“ niedrigpreisige Parfüms anbieten, deren Duft jenem bekannter Markenparfums ähneln (Beklagte). Die Klägerin sieht in diesem Angebot einen Wettbewerbsverstoß, da es sich hierbei lediglich um eine Nachahmung der Originale handele. Ebenso wettbewerbswidrig seien Werbung und Vertrieb dieser „Imitate“, da die Beklagten unter anderem Bestelllisten verwendet haben sollen, in denen den Imitaten jeweils ein teureres Markenprodukt gegenübergestellt wurde. Diese Strategie verfolgen die Beklagten allerdings nachweislich seit einigen nicht mehr.

Hinsichtlich des klägerischen Antrages, den Handel mit den Imitaten auch ohne Benutzung von Vergleichslisten untersagen zu lassen, scheiterte die Klage in den Vorinstanzen (LG Berlin, Urt. v. 25.01.2006, Az. 97 O 2/05; KG, Urt. v. 24.07.2009, Az. 5 U 48/06).

Im Berufungsverfahren hob nun der BGH die vorinstanzlichen Urteile auf und verwies die Sache zurück an das Kammergericht.

Die Bundesrichter begründen ihre Entscheidung damit, dass es für eine Unlautbarkeit einer beanstandeten Werbung ausreicht, wenn deren Voraussetzungen im Hinblick auf einen dieser Verkehrskreise erfüllt sind. Vorliegend kritisierte das Gericht, dass die Berufungsinstanz lediglich auf die Perspektive des Endverbrauchers einging, die Sicht von Händlern, die über spezielle Fachkenntnisse verfügen, aber außer Acht ließ. Offen ließ der BGH, ob die Werbung der Beklagten gegenüber Händlern eine unangemessene Ausnutzung des Rufes der Marken der Klägerin darstellt. Dies wird nun das Kammergericht zu prüfen haben.

In seiner Pressemitteilung 77/2011 vom 05.05.2011 nimmt der BGH zu seinen Entscheidungsgründen Stellung:
Das Verbot des § 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG richtet sich nicht dagegen, ein Originalprodukt nachzuahmen. Für eine nach dieser Bestimmung unlautere vergleichende Werbung genügt es deshalb nicht, dass das Originalprodukt aufgrund der Aufmachung und Bezeichnung der Imitate lediglich erkennbar wird und mit der Werbung entsprechende Assoziationen geweckt werden. Verboten ist vielmehr eine deutliche Imitationsbehauptung, aus der – ohne Berücksichtigung sonstiger, erst zu ermittelnder Umstände – hervorgeht, dass das Produkt des Werbenden gerade als Imitation des Originalprodukts beworben wird.

Für die Frage, ob eine klare und deutliche Imitationsbehauptung vorliegt, hat das Berufungsgericht allein auf die Sicht der Endverbraucher abgestellt und die Frage insoweit im Streitfall verneint. Die zugrunde liegenden Feststellungen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffen. Das Berufungsurteil enthielt jedoch keine Feststellungen zum Vortrag der Klägerin, die Beklagten hätten sich mit ihren Parfümimitaten auch an Händler gewandt, die wegen ihrer speziellen Kenntnisse aufgrund der Bezeichnungen und Ausstattung der Parfümimitate in der Werbung eine klare Imitationsbehauptung erkannt hätten. Richtet sich die beanstandete Werbung an verschiedene Verkehrskreise, reicht es für die Unlauterkeit aus, wenn deren Voraussetzungen im Hinblick auf einen dieser Verkehrskreise erfüllt sind.