Rechtsnorm: §§ 4 Nr. 11, 3 UWG; § 11 Abs. 1 LFGB; § 1 Abs. 2 Nr. 2 OEkoKennzG

Mit Urteil vom 13.09.2012 (Az. I ZR 230/11) hat der BGH entschieden, dass die Verwendung der Bezeichnung „Bio-Mineralwasser“ für ein natürliches Mineralwasser nicht irreführend ist.

Zum Sachverhalt:

Die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs (Klägerin) hält ein Produkt der Beklagten für irreführend. Die Beklagte benennt und bewirbt ein natürliches Mineralwasser als „Bio-Mineralwasser“.  Die Klägerin geht davon aus, der Verkehr verbinde mit dem Begriff „Bio-Mineralwasser“ bestimmte Qualitätsmerkmale, die für ein natürliches Mineralwasser bereits gesetzlich vorgeschrieben und somit selbstverständlich seien. In erster Instanz gab das Landgericht Nürnberg-Fürth (Urt. v. 19.01.2011 – 3 O 819/10) der Klägerin Recht und untersagte die Verwendung der Bezeichnung „Biomineralwasser“ sowie die Werbung für das von der Beklagten angebotene Produkt. Im Berufungsverfahren wies das OLG Nürnberg die Klage ab (Urt. v. 15.11.2011 – 3 U 354/11, GRUR-RR 2012, 224).

Nun bestätigte der BGH das die Klage abweisende Urteil der Berufungsinstanz.

Mit Presseerklärung Nr. 149/2012 vom 13.09.2012 führt der BGH aus (Volltext liegt noch nicht vor):

„Nach Auffassung des BGH erwartet der Verkehr von einem als „Biomineralwasser“ bezeichneten Mineralwasser, dass es nicht nur unbehandelt und frei von Zusatzstoffen ist, sondern im Hinblick auf Rückstände und Schadstoffe deutlich unterhalb der für natürliche Mineralwässer vorgesehenen Höchstwerte liegt. Mineralwässer, die die gesetzlichen Grenzwerte deutlich unterschreiten, unterschieden sich von den Mineralwässern, bei denen der Gehalt an Rückständen und Schadstoffen nahe an diesen Werten liegt. Ob das vom Beklagten vertriebene Mineralwasser diese hohen Reinheitserwartungen erfüllt, stünde nicht im Streit.

Der Verkehr erwarte auch nicht, dass die Verwendung von „Bio“ bei Mineralwässern gesetzlichen Vorgaben unterliegt oder staatlich überwacht wird. Der Umstand, dass der Gesetzgeber bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen eine gesetzliche Regelung für die Verwendung von „Bio“ getroffen hat, führe nicht dazu, dass diese Bezeichnung beim Fehlen einer gesetzlichen Regelung nicht verwendet werden darf. Das in der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung bestimmte Gebot, für das vom Beklagten vertriebene Wasser die Verkehrsbezeichnung „natürliches Mineralwasser“ anzugeben, stehe der zusätzlichen Bezeichnung als „Biomineralwasser“ ebenso nicht entgegen.“

 Zur weiteren Begründung hier einige Auszüge aus dem Urteil der Berufungsinstanz, das der BGH nun bestätigte:

„Ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 8, 4 Nr. 11 UWG, § 11 Abs. 1 Satz 1 i. V. mit Satz 2 Nr. 3 LFGB besteht nicht. Nach dieser Vorschrift ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. (…) Es darf also nicht der Eindruck entstehen, dass das beworbene Produkt sich in positiver Hinsicht von Konkurrenzprodukten abhebe. Denn die Form der Werbung führt hinsichtlich eines Vorzugs irre, den das Produkt gegenüber den Konkurrenzprodukten gar nicht aufweist. (…) Der Beklagte bewirbt hier sein Mineralwasser mit der Bezeichnung „Bio-Mineralwasser“. Dass das Mineralwasser des Beklagten damit den gesetzlichen Kriterien und den Grenzwerten für natürliches Mineralwasser entspricht, ist unstreitig und wird auch vom Verbraucher so erwartet. Hierbei kann dahinstehen, ob die Verbrauchererwartung sich mit der Gesetzeslage in allen Teilen deckt, insbesondere ob dem Verbraucher bekannt ist, dass gem. § 2 Min/TafelWV natürliches Mineralwasser seinen Ursprung in unterirdischen vor Verunreinigungen geschützten Wasservorkommen hat und aus einer oder mehreren natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellen gewonnen wird, es von ursprünglicher Reinheit ist und gekennzeichnet ist durch seinen Gehalt an Mineralien, Spurenelementen und sonstigen Bestandteilen und ggf. durch bestimmte insbesondere ernährungsphysiologische Wirkungen und seine Zusammensetzung, seine Temperatur und seine übrigen wesentlichen Merkmale im Rahmen natürlicher Schwankungen konstant bleiben (vgl. hier auch Richtlinie (EG) 2009/54, Anhang I). Denn der Verbraucher erwartet im Hinblick auf die Bezeichnung „Bio“, dass sich dieses Mineralwasser von anderen Mineralwässern insbesondere dadurch unterscheidet, dass es sich im Hinblick auf Gewinnung und Schadstoffgehalt von normalen Mineralwässern abhebt. Genau dies ist beim Bio-Mineralwasser des Beklagten jedoch der Fall. So hat der Beklagte einen Kriterienkatalog vorgelegt (Anlagen K 7), aus dem sich ergibt, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte für Inhaltsstoffe beim Bio-Mineralwasser erheblich unterschritten werden. (…) Damit wird gerade nicht mit einer besonderen Eigenschaft geworben, die alle vergleichbaren Lebensmittel haben, sondern es wird damit geworben, dass das Mineralwasser des Beklagten besondere Eigenschaften aufweise, die andere Mineralwässer zumindest teilweise nicht haben.“