Mit Urteil vom 22.03.2012 (Az. 244 C 25788/11) hat das Amtsgericht München entschieden, dass die staatliche bayrische Lottoverwaltung berechtigt ist, in ihren Annahmestellen Testkäufe durchzuführen, wenn diese dem Zweck dienen, sicherzustellen, dass minderjährige und gesperrte Personen tatsächlich von der Teilnahme an Lotterien und Wetten ausgeschlossen sind.

Zum Sachverhalt:

Anfang 2011 fand in einer bayrischen Lottoannahmestelle ein Testkauf statt, bei dem ein Minderjähriger die Kundenkarte seines Vaters vorlegte und KENO spielen wollte. Der Mitarbeiter der Annahmestelle erkannte nicht, dass nicht der Karteninhaber, sondern sein nicht-spielberechtigter Sohn, den Lottoschein vorlegte. Da er den Schein des Jugendlichen nicht ablehnte, mahnte die staatliche Lotterieverwaltung die Leiterin der Annahmestelle ab und behielt von der Annahmestellenabrechnung einen Betrag von 319 Euro ein. Im Übrigen forderte sie den Mitarbeiter der Annahmestelle zu einer Nachschulung auf, wogegen sich der Angestellte weigerte. Infolgedessen sperrte die Lotterieverwaltung die Bedienerkennung des Mitarbeiters im Onlinesystem, weswegen er seiner Arbeit nicht weiter nachkommen konnte. Erst nachdem der Angestellte die Nachschulung einige Wochen später nachgeholt hatte, wurde die Sperre aufgehoben. Der Mitarbeiter macht geltend, durch die Anreise zur Nachschulung 67 Euro ausgegeben zu haben, die er nun wie auch seinen Verdienstausfall iHv 600 Euro (6 Wochen à 100 Euro) sowie die Vertragsstrafe, die ihm seine Arbeitgeberin vom Lohn abzog, von der Lottoverwaltung ersetzt haben möchte. Zur Begründung führt er aus, dass kein korrekter Testkauf stattgefunden habe. So sei der Testkäufer der Vater selbst gewesen. Im Übrigen bestehe der der „Verdacht, dass zu Lasten der Angestellten ein Szenario aufgebaut werden sollte, um kostenpflichtige Nachschulungen durchzuführen und den Testkäufern den Erhalt von Fangprämien zu ermöglichen.“

Da die Lottoverwaltung der Forderung des Angestellten nicht nachkam, erhob er Klage vor dem AG München gegen den Träger der Lottoverwaltung, den Freistaat Bayern.

Das Gericht wies die Klage ab.

Wie das Amtsgericht München mit Presseerklärung vom 04.06.2012 mitteilt, seien die ergriffenen Maßnahmen gerechtfertigt gewesen:

„Die staatliche Lotterieverwaltung in Bayern sei gemäß dem Staatsvertrag zum Glückspielwesen in Deutschland verpflichtet, den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten. Die allgemeine Geschäftsanweisung für die Vertriebsorgane vor Ort der staatlichen Lotterieverwaltung (also der Lottoannahmestellen) regele, dass sicherzustellen sei, dass minderjährige und gesperrte Personen von der Teilnahme an Lotterien und Wetten ausgeschlossen sind. Gemäß dieser Geschäftsanweisung können bei Verstößen Abmahnungen erteilt, eine Vertragsstrafe in Höhe einer durchschnittlichen Wochenprovision einbehalten und die Verpflichtung zu einer kostenpflichtigen Nachschulung ausgesprochen werden. Zum Zwecke der Feststellung von Verstößen können auf dieser Grundlage auch Testkäufe durchgeführt werden.

Der Testkauf sei auch ordnungsgemäß abgelaufen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Sohn mit der Bildkundenkarte des Vaters den Einkauf vorgenommen habe und dies der Angestellte nicht bemerkt habe. Fangprämien würden nicht bezahlt, so dass das vom Kläger geschilderte Szenario dem Gericht abwegig erscheine, ebenso wie die Vermutung, die staatliche Lotterieverwaltung wolle ihre kostenpflichtigen Nachschulungen und ihre Vertragsstrafen durch falsche Testkäufe erhalten.“

Abschließend stellt das Gericht fest, dass ein Anspruch auf Rückzahlung der Vertragsstrafe auch deswegen ausscheidet, da die Strafe von der Lotterieverwaltung gegenüber der Betreiberin der Lottoannahmestelle und gerade nicht gegenüber dem Kläger geltend gemacht wurde. Auch eine Abwälzung der Vertragsstrafe durch seine Arbeitgeberin auf ihn könne nicht zu einem Anspruch gegen die Lotterieverwaltung führen.