Rechtsnormen: §§ 119, 242, 123, 130 Abs. 1 Satz 2, 312 Nr. 2 BGB

Mit Urteil vom 25.10.2012 (Az. 223 C 12655/12) hat das Amtsgericht München entschieden, dass ein nach einem kostenlosen Probetraining abgeschlossener Fitnessstudiovertrag nicht widerrufen werden kann, da es sich beim Vertragsschluss nicht um ein Haustürgeschäft handelt.

Zum Sachverhalt:

Anfang 2008 wurde die Beklagte durch ein Werbeangebot für ein kostenloses Probetraining auf das Fitnessstudio des Klägers aufmerksam. Sie fuhr zum Studio und unterzeichnete einen Mitgliedsantrag mit einer Mindestlaufzeit von 12 Monaten. Im Anschluss prüfte sie die Räumlichkeiten und Trainingsmöglichkeiten und kam zum Entschluss, entgegen der vorherigen Vereinbarung doch kein Mitglied sein zu wollen. Daher kündigte sie den Vertrag am Folgetag. Der Kläger akzeptierte die Kündigung allerdings nicht und forderte von der Beklagten die Zahlung des vertraglich vereinbarten Mitgliedsbeitrages iHv 599 Euro für die 12 Monate Vertragszeitraum. Diese verweigerte die Zahlung mit der Begründung, durch das Fitnessstudio überrumpelt worden zu sein. Das Geschäftsgebaren des Klägers sei unseriös; daher stehe ihr ein Widerrufsrecht zu.

Das Amtsgericht München folgte dem Antrag des Klägers. Demnach wurde der Vertrag nicht wirksam widerrufen, da der Beklagten kein Widerrufsrecht zustand.

Zur Begründung führt das Gericht aus:

„Die Beklagte hat den Vertrag nicht wirksam widerrufen, da kein Widerrufsrecht besteht. Insbesondere handelte es sich nicht um eine Freizeitveranstaltung i.S.d. § 312 Nr. 2 BGB und auch eine analoge Anwendung ist nicht möglich, da eine Vergleichbarkeit fehlt. Es ist nicht überraschend, dass ein Probetraining in einem Fitnessstudio den Zweck hat, Mitglieder anzuwerben. Insoweit entscheidet sich der vorliegende Fall grundliegend von den Fallgestaltungen, die den Entscheidungen des LG Dresden, Az 8 S 515/08 und LG Koblenz, Az. 6 S 19/07 zugrunde lagen, in denen die Kunden in das Fitnessstudio gelockt wurden nachdem sie angeblich für einen bestimmten Zeitraum eine kostenlose Mitgliedschaft gewonnen hatten. Dagegen war Anlass des Besuchs der Beklagten ein Plakat, das für ein kostenloses Probetraining warb. Hierbei liegt offensichtlich auf der Hand, dass kein Gewinn vorausging und dass es der Klägerin, welche nicht gemeinnützig ist, darum ging, beim Probetraining Mitglieder anzuwerben. Für die Frage der Anwendbarkeit des § 312 b Nr. 2 BGB ist aus dem Umstand, dass die Beklagte angibt, aufgrund ihrer Herkunft geschäftsunerfahren in Deutschland gewesen zu sein, kein Maßstab, da die Herkunft keine andere rechtliche Bewertung rechtfertigt.

Die Beklagte hat den Vertrag auch nicht wirksam angefochten. Zu einer arglistigen Täuschung oder widerrechtlichen Drohung im Sinn des § 123 BGB hat die Beklagte nicht ausreichend vorgetragen. Auch das Vorliegen eines Inhalts- oder Erklärungsirrtums i.S.d. § 119 BGB ist zweifelhaft. Insbesondere wurde aber für eine Anfechtung nach § 119 BGB die Anfechtungsfrist nach § 121 I BGB nicht gewahrt. Eine Anfechtungserklärung muss erkennen lassen, dass die Partei das Geschäft wegen eines Willensmangels nicht gelten lassen will, Palandt, § 143 BGB Rn. 3. Die Beklagte hat sich aber in ihrer Erklärung vom 25.03.2008 nicht auf einen Irrtum bezüglich ihrer Erklärung gestützt, sondern darauf, dass sie den Vertrag vor dem Probetraining hätte schließen müssen, aber nach dem Probetraining festgestellt habe, dass sie von der Einrichtung nicht überzeugt sei und darauf, dass sie meint, einen rechtlichen Anspruch auf Kündigung zu haben.

Etwas anderes folgt auch nicht aus Treu und Glauben. § 242 BGB kann nicht dafür verwendet werden, über eine versäumte Anfechtungsfrist hinwegzuhelfen oder zusätzliche Verbraucherschutztatbestände zu schaffen.“

Kommentar:

Interessenten einer Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio sollten sich zunächst die Räumlichkeiten und Trainingsmöglichkeiten des Studios anschauen und erst im Anschluss bei Wohlgefallen einen Mitgliedsvertrag unterzeichnen. Es liegt auf der Hand, dass vorliegend ein Widerrufsrecht ausgeschlossen ist. Eine Anwendung des bspw. für Haustürgeschäfte gültigen Widerrufsrechts auf derartige Fälle wäre abwegig, da der Interessent gerade nicht „überrumpelt“ wurde, sondern infolge des Angebots eines kostenlosen Trainings das Fitnessstudio freiwillig aufsuchte.