In den News vom 20.03.2013 hatte ich vom Urteil des BGH vom 13.03.2013 (Az. VIII ZR 172/12) zu den Auswirkungen einer positiven Begutachtung nach § 21 c StVZO eines Oldtimers berichtet. Dort wird der Verkäufer wg. der Mängel bzw. dem Fehlen der vereinbarten Eigenschaft des Oldtimers auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Dieses Urteil hat nach Auffassung der Experten in der Branche ganz erhebliche Auswirkungen. Der Verkäufer wird vorsichtig sein, auf ein H-Gutachten Bezug zu nehmen. Wenn er dieses gutgläubig in den Vertrag mit aufgenommen hat als Beschaffenheitsangabe, stellt sich die Anschlussfrage, ob der Verkäufer Regress beim TÜV-Prüfer nehmen kann. Dieser hätte bei sachgerechter Prüfung im vom BGH entschiedenen Fall erkennen können und müssen, dass der Unterboden“schutz“ die vorhandenen Durchrostungen verdeckt und der Oldtimer eben keine erfolgreiche H-Abnahme bekommen durfte.

Man könnte annehmen, der Prüfingenieur hätte seine Arbeit schlecht gemacht und müsse daher automatisch haften. So einfach ist das allerdings nicht. Denn er nimmt hoheitliche Aufgaben wahr und genießt daher die sog. Privilegierung der Staatshaftung gem. § 839 BGB. Dennoch gibt es in der Rechtsprechung eine Reihe von Entscheidungen, die eine Haftung des Prüfingenieurs bejaht haben:

  • TÜV händigt nach Hauptuntersuchung Kfz-Papiere an einen Nichtberechtigten aus (BGH DAR 2003, 314)
  • Vernachlässigung der Obhutspflicht an vorgeführtem Kfz (OLG Karlsruhe NJW-RR 2012, 661)
  • Zulassung Kfz trotz technischer Mängel; Verkehrsteilnehmer wird durch Unfall aufgrund des Mangels geschädigt (OLG Koblenz NJW 2003, 297)

Eine solche Haftung besteht aber in jedem Falle nur dann, wenn Amtsmissbrauch vorliegt. Bloß wann ist das der Fall? Die Hürde ist sehr hoch. Hoffnung macht neben den o. g. Urteilen ein Urteil des OLG Hamm aus dem Jahre 2010. Dort ging es um den Verkauf eines „normalen“ PKW, der eine Gasanlage hatte. Diese war vom TÜV-Prüfer nicht geprüft worden, auch die notwendigen technischen Unterlagen nicht. Das Fahrzeug war nicht verkehrssicher, es bestand im Unfallfalle Explosionsgefahr. Das OLG führt dazu wie folgt aus:

Ein Amtsmissbrauch liegt nicht bei jeder schuldhaften Pflichtverletzung vor, da ansonsten die in § 839 Abs. 1 BGB ausgesprochene Einschränkung, dass die Amtspflicht einem Dritten als Geschädigten und Anspruchsteller gegenüber bestehen muss, bedeutungslos sein würde. Ein Amtsmissbrauch liegt vor, wenn der handelnde Amtsträger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einen anderen vorsätzlich schädigt, so dass die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllt sind. Darüber hinaus kann ein Amtsmissbrauch aber auch bei gewissen fahrlässigen Verhaltensweisen vorliegen, was immer von den Besonderheiten des Einzelfalls abhängig ist. Die Beurteilung unterfällt der tatrichterlichen Würdigung (BGH, VersR 1970, S. 906; NJW 1973, S. 458).

Im vorliegenden Fall reicht der Vortrag des Klägers zur Darlegung eines amtsmissbräuchlichen Verhaltens des Prüfers C im Rahmen der Hauptuntersuchung aus. Der Kläger hat behauptet, dass dem Prüfer mehrere schwere und offensichtliche Mängel der Gasanlage des Pkw nicht aufgefallen sind, aufgrund derer bei einem Unfall Explosionsgefahr bestanden habe. Sowohl das erforderliche Abgasgutachten als auch der Nachweis über die Gassystemeinbauprüfung hätten gefehlt. Die einzige Erklärung für das Übersehen der Mängel sei, dass der Prüfer die Gasanlage pflichtwidrig nicht untersucht habe. Unter diesen Umständen hat der Prüfer C seine dienstlichen Pflichten bewusst vernachlässigt und einen potentiell gemeingefährlichen Zustand der Gasanlage nicht erkannt. Es kann ihn daher nicht entlasten, soweit er auf den ordnungsgemäßen Zustand des seinerzeit gut sechs Jahre alten Fahrzeugs vertraut haben mag und an anderer Stelle beim Schwingungsdämpfer einen Mangel des Fahrzeuges erkannt hat. Die Untersuchung des § 29 StVZO dient der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr. Wenn sich ein Prüfer besonders sicherheitsrelevante Anlagen eines Fahrzeugs nicht einmal anschaut und aus diesem Grunde offensichtliche und schwere Mängel nicht feststellt und dennoch die Ordnungsgemäßheit des Fahrzeugs insgesamt bescheinigt, ist die Durchführung der Hauptuntersuchung sinnlos und ihr Schutzzweck verfehlt.

Kritisch könnte für den Verkäufer allerdings sein, wenn ihm Mitverschulden zur Last gelegt wird. Mit anderen Worten: er hätte die Mängel selbst erkennen können. Das ist eine Frage des Einzelfalls und hängt von der Art des Mangels und von den Vorkenntnissen des Verkäufers ab.

Zusammenfassend lässt sich daher festhalten: Sowohl ein Regress des Verkäufers als auch eine Inanspruchnahme des Prüfingenieurs durch den Käufer eines Oldtimers, der trotz Mängeln eine H-Zulassung erhalten hat, kommt in Betracht. Für den Käufer kann dies interessant sein, wenn die Inanspruchnahme des Verkäufers faktisch gescheitert ist (z. B. Insolvenz). Für den gutgläubigen Verkäufer stellt dies eine Regressmöglichkeit dar.