Der BGH hat mit seinem Grundsatzurteil vom 25.11.2009 (Az. VIII ZR 318/08) entschieden, dass Verbrauchern auch bei einem sittenwidrigen und damit nichtigen Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 312 d BGB zusteht, sofern nicht Treu und Glauben (§ 242 BGB) dagegensteht.

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin bestellte nach zuvor erfolgtem Werbeanruf per Fax bei der Beklagten einen PKW-Innenspiegel mit einer Radarwarnfunktion. Der ausgefüllte Bestellschein enthielt u.a. den vorformulierten Hinweis: „Ich wurde darüber belehrt, dass die Geräte verboten sind und die Gerichte den Kauf von Radarwarngeräten zudem als sittenwidrig betrachten.“ Nach Lieferung und Zahlung per Nachnahme sandte die Klägerin das Gerät an die Beklagte zurück und forderte die Rückabwicklung des Vertrages. Die beklagte Verkäuferin verweigerte jedoch die Annahme des Geräts und die Rückzahlung des Kaufpreises. Der BGH bestätigte zunächst die Ansicht der Vorinstanzen, dass der vorliegende Kaufvertrag gem. § 138  BGB nichtig sei. Demnach seien Verträge über den Kauf von Radarwarngeräten stets als sittenwidrig zu beurteilen, wenn – wie vorliegend – der Vertragszweck erkennbar auf eine Verwendung des Radarwarngerätes im Geltungsbereich der deutschen Straßenverkehrsordnung gerichtet sei. (…) Das Gericht führt weiter aus: Das Recht der Klägerin, sich von dem Fernabsatzvertrag durch Widerruf ihrer Willenserklärung zu lösen, werde von der Nichtigkeit des Vertrags aber nicht berührt. Der Sinn des Widerrufsrechts beim Fernabsatzvertrag bestehe darin, dem Verbraucher ein an keine materiellen Voraussetzungen gebundenes, einfach auszuübendes Recht zur einseitigen Loslösung vom Vertrag in die Hand zu geben, das neben und unabhängig von den allgemeinen Rechten besteht, die jedem zustehen, der einen Vertrag schließt. (…) Es bestehe unter dem Gesichtspunkt des bei einem Fernabsatzvertrag gebotenen Verbraucherschutzes kein Grund, den Verbraucher schlechter zu stellen, wenn der Fernabsatzvertrag nicht anfechtbar, sondern nach §§ 134, 138 BGB nichtig sei. Auch in einem solchen Fall rechtfertige es der Schutzzweck des Widerrufsrechts, dem Verbraucher die Möglichkeit zu erhalten, sich von dem geschlossenen Vertrag auf einfache Weise durch Ausübung des Widerrufsrechts zu lösen, ohne mit dem Unternehmer in eine rechtliche Auseinandersetzung über die Nichtigkeit des Vertrages eintreten zu müssen. Auch bei einer etwaigen Nichtigkeit des Vertrages habe der Verbraucher deshalb grundsätzlich die Wahl, seine auf den Abschluss des Fernabsatzvertrags gerichtete Willenserklärung zu widerrufen oder sich auf die Nichtigkeit des geschlossenen Vertrags zu berufen. (…) Ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) könne nur unter dem Gesichtspunkt besonderer Schutzbedürftigkeit des Unternehmers in Betracht kommen, etwa bei arglistigem Handeln des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer. Arglistiges Handeln der Klägerin gegenüber der Beklagten liege hier jedoch nicht vor. Vielmehr fiele bei dem nichtigen Kaufvertrag über das Radarwarngerät beiden Parteien – auch der Beklagten – ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last. Unter diesen Umständen gebiete es der Gesichtspunkt von Treu und Glauben jedenfalls nicht, der Klägerin das Widerrufsrecht zu Gunsten der Beklagten vorzuenthalten.

Kommentar: Ein sehr verbraucherfreundliches Urteil. Es ermöglicht denjenigen Verbrauchern, die in eine vergleichbare Streitigkeit mit einem Verkäufer geraten sind, die Rückabwicklung des nichtigen Vertrages und damit den Rückerhalt des Kaufpreises.